Acta in Deutschland: Vorerst nicht unterzeichnet
Guido Westerwelle wies den deutschen Botschafter in Japan an, Acta zunächst nicht zu unterschreiben. Wie geht es nun mit dem Abkommen zum Urheberrechtsschutz weiter?
FREIBURG taz | Deutschland wird das internationale Urheberrechtsabkommen Acta vorerst nicht unterzeichnen. Das gab am Freitag das Auswärtige Amt bekannt. Zuvor hatte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Bedenken angemeldet. Ein Sprecher Leutheusser-Schnarrenbergers sagte zur taz, die Entscheidung des Europäischen Parlaments solle erst abgewartet werden.
Der Acta-Vertrag wurde von 38 Staaten und der EU ausgehandelt. Alle 27 EU-Mitgliedstaaten waren dabei. 22 EU-Regierungen sowie die EU-Kommission haben den Vertrag im Januar bei einer Zeremonie in Japan unterschrieben. Erforderlich ist aber noch eine Ratifikation durch die nationalen Parlamente und das EU-Parlament.
Manche Staaten wie Polen oder Estland haben zwar bereits unterschrieben, wollen aber mit der parlamentarischen Ratifikation noch warten. Und in Kraft treten kann das Abkommen erst, wenn es von mindestens sechs beteiligten Staaten ratifiziert wurde.
Dass Deutschland nicht unterzeichnet hat, hatte bislang wohl keine politischen, sondern technische Gründe. Nun hat Außenminister Guido Westerwelle (FDP) den deutschen Botschafter in Japan – dort wird der Vertrag verwahrt – angewiesen, zunächst nicht zu unterzeichnen. Selbst wenn er unterzeichnet, müsste der Bundestag das Vertragsgesetz ratifizieren.
Um bis zu zwei Jahre bremsen
Auf EU-Ebene hat der EU-Ministerrat dem Abkommen schon im Dezember zugestimmt. Da sich das Abkommen auch auf strafrechtliche Bestimmungen bezieht, kann es die EU nur binden, wenn auch alle nationalen Parlamente zustimmen.
Außerdem muss auf EU-Ebene auch das Europäische Parlament zustimmen. Es kann vorab allerdings den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um ein Gutachten bitten, ob Acta gegen EU-Recht verstößt. Dies könnte das Abkommen um bis zu zwei Jahre bremsen. Dass der EuGH eine Rechtsverletzung annimmt, ist aber eher unwahrscheinlich.
Tatsächlich geht der Acta-Entwurf nicht über bestehendes EU-Recht hinaus. Deshalb wäre weder auf EU-Ebene noch in den 27 Mitgliedstaaten eine Rechtsänderung erforderlich.
Das Interesse der EU an der endgültigen Version von Acta besteht vor allem darin, dass der EU-Standard beim Kampf gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen in möglichst vielen Staaten gelten soll, die dem Abkommen zukünftig beitreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Im Gespräch Gretchen Dutschke-Klotz
„Jesus hat wirklich sozialistische Sachen gesagt“