Widerstand gegen Acta im EU-Parlament: Wenn aus 2,50 Euro 2 Millionen werden
Neben Grünen und Sozialdemokraten sehen nun auch die Konservativen im EU-Parlament das umstrittene Abkommen Acta kritischer. Nur die Liberalen sind dafür.

Der Protest auf der Straße hat gefruchtet – inzwischen protestieren sogar Abgeordnete. Bild: reuters
BRÜSSEL taz | Die Zahl der Unterstützer für das Acta-Abkommen im EU-Parlament schmilzt dahin. Nachdem die Bundesregierung die Unterzeichnung auf Eis gelegt hat, nimmt auch die Skepsis der Europaabgeordneten zu.
"Hier werden zwei Dinge miteinander vermischt: der Kampf gegen Produktpiraterie, der wichtig ist, und das Urheberrecht im Internet. Das geht nicht. Wir brauchen einen ganz neuen Ansatz", sagte Bernd Lange, der bei den Sozialdemokraten für Acta zuständig ist. Er sieht in seiner Fraktion keine Mehrheit für das Abkommen.
Die Grünen haben gestern in Straßburg mit einer Protestaktion im Innenhof des Parlaments ihren Unmut kundgetan. Nun scheint es aber auch in den Reihen der Konservativen und Liberalen immer mehr Abgeordnete zu geben, die zumindest nicht ohne eine weitere Prüfung ihren Daumen nach oben halten wollen und das vor allem außerhalb der deutschen Gruppen.
Selbst der CDU-Abgeordnete Daniel Caspary, der Acta befürwortet, ist nicht unempfänglich für die Proteste der vergangenen Tage: "Wenn man mir glaubhaft nachweist, dass Acta in der EU etwas verändert zum Nachteil der Freiheit im Internet, dann werde auch ich gegen das Abkommen stimmen und das meinen Kollegen empfehlen", sagte Caspary.
Kritik völlig übezogen?
Die FDP-Abgeordneten halten jedoch weiterhin an dem Abkommen fest. Die Kritik beziehe sich, so Alexander Alvaro, auf zwei Jahre alte Entwürfe und sei völlig überzogen. Viele im Europäischen Parlament sehen das anders – allen voran die Grünen.
Acta ändere zwar keine Gesetze, aber das Abkommen gebe Richtungsentscheidungen vor, sagte Jan Philipp Albrecht, der für die Grünen Acta betreut. So soll zum Beispiel jeder Download im Internet etwa eines Musikvideos als kommerzielles Handeln gewertet werden. "Wenn das entdeckt wird, muss ein harmloser Nutzer plötzlich 2,5 Millionen Euro Schadensersatz zahlen, weil er das Video eigentlich für 2,50 Euro hätte kaufen müssen und es auf seiner Seite eine Million Mal angeklickt worden ist", sagte der Grünen-Politiker.
Vor allem wehren sich die Grünen gegen den Vertrag, weil er ohne Beteiligung von Schwellen- und Entwicklungsländern erarbeitet worden ist. Sie werden aber von den neuen Regeln betroffen sein - zum Beispiel bei der Herstellung nicht mehr patentgeschützer Medikamente. "Mit Acta wird es viel einfacher werden, Generika, die beispielsweise in Indien produziert worden sind und in Brasilien verkauft werden sollen, im Hafen von Rotterdam zu beschlagnahmen und zu vernichten", sagt Ska Keller von den Grünen.
Leser*innenkommentare
Untergrund Kämpfer
Gast
Es ist Zeit sich zu erheben die revolution ist da an alle digitalen übelegen da drauße es ist zeit sich zusammen zu schließen tut alles mögliche um dies enachricht zu verbreiten auch wenn es riskant ist es ist zeit postet es überall oder macht auf digitalen weg etwas netzwerke und soweit ihr wist was ich mein Harcken wir sind viele wir sind eins wir sind eine Legion man sieht sich an der front
der finne sein kater
Gast
"...alle Acta-Mails automatisch in die Spam-Ordner zu verschieben."
Liebe taz'ler, wo ist denn dieser Satz plötzlich hin?
War das eine falsche Auskunft? Oder wollt ihr für Verschwörungstheorien sorgen?
Könntet ihr sowas bitte in Zukunft transparenter korrigieren und nicht einfach stillschweigend löschen? Danke.
(Anm. d. Red.: Der Absatz enthielt falsche Informationen und wurde deswegen entfernt.)
stefan
Gast
Hallo liebe taz,
aus welchem Grund fehlt denn der Absatz, in dem über die SPAM-Aktion berichtet wurde. Und warum ist das nicht als Update gekennzeichnet? Stimmt es denn nicht?
(Anm. d. Red.: Der Absatz enthielt falsche Informationen und wurde deswegen entfernt.)
Karo
Gast
Entschuldigung, aber wohin ist folgender Absatz wortlos verschwunden:
"Die EU-Abgeordneten haben Tausende E-Mails von Acta-Gegnern erhalten. Damit ist nun Schluss: Die Parlamentsverwaltung hat entschieden, alle Acta-Mails automatisch in die Spam-Ordner zu verschieben."
?
(Anm. d. Red.: Der Absatz enthielt falsche Informationen und wurde deswegen entfernt.)
Mauro
Gast
Sie sehen es kritischer?
Soll ich darüber weinen oder lachen? Ich finde es ja gut Urheberrechte zu schützen aber ich find es überhaupt nicht gut wieviel "Macht" man mit ACTA aufeinmal missbrauchen kann bzw. was dann aufeinmal alles Strafbar wäre. Plattformen wie Youtube würden aussterben wenn jeder dafür verklagt und zur rechenschaft gezogen werden könnte nur weil er in seinem lustigen "meine Katze rennt im Kreis" Video Musik im Hintergrund laufen hat für die alle anderen die das Video gucken nicht bezahlt haben.
Man kann es schönreden wie man will aber ACTA wird sich auf kurze oder lange Sicht auf alle Bereiche unseres alltags ausweichen nicht nur auf das Internet und jeder müsste um die Gutmütigkeit derer Betteln die entscheiden "Verklag ich dich weil du mein Produkt benutzt oder nicht..hm..".
Frank
Gast
Das Kopieren von Sachen, also die Vervielfältigung eines Gegenstandes, wird als Diebstahl behandelt.
Das Vermehren von Gebrauchswerten wird als Straftatbestand zementiert.
Hier kann man sehr schön studieren, dass die Versorgung von Menschen mit Gebrauchswerten nicht der Zweck der Marktwirtschaft ist.
Wenn es gelingt Arbeitsprodukte ohne Aufwand zu kopieren, wird eben das unter Strafe gestellt, weil ansonsten kein Gewinn zu erwirtschaften ist.
(vergleiche Saatgut, Biopatente usw. ...)
krugar
Gast
ich kann ja verstehen, dass in den abgeordnetenbüros mehr emails zum thema acta ankommen als man von hand wegklicken möchte, aber ein von der parlamentsverwaltung zentral geschalteter spamfilter kann da nicht das probate mittel sein.
mir als laie scheint das nebenbei auch rechtlich bedenklich zu sein, zumindest in deutschland gibt es recht strenge regeln was die zustellung von -auch elektronischer- post betrifft.
ich würde mich freuen, wenn sie sich in dieser sache vielleicht mit jemandem zusammentun könnten, der sich mit den für brüssel geltenden rechtsvorschriften auskennt, um diesen aspekt nochmal genauer zu beleuchten. sollte es sich hier um einen unzulässigen eingriff in die telekommunikation it gewählten volksvertretern handeln, sollte des weiteren mit dringlichkeit vor dem zuständigen gericht geklagt werden.
Andreas J
Gast
"Mit Acta wird es viel einfacher werden, Generika, die beispielsweise in Indien produziert worden sind und in Brasilien verkauft werden sollen, im Hafen von Rotterdam zu beschlagnahmen und zu vernichten"
Acta ist maßgeschneidert für den Raubtierkapitalismus. Profit over people!
Demokratie?
Gast
"Die EU-Abgeordneten haben Tausende E-Mails von Acta-Gegnern erhalten. Damit ist nun Schluss: Die Parlamentsverwaltung hat entschieden, alle Acta-Mails automatisch in die Spam-Ordner zu verschieben."
Das nenn ich Demokratie!
*sarcasm off*
Bernd
Gast
"Die Parlamentsverwaltung hat entschieden, alle Acta-Mails automatisch in die Spam-Ordner zu verschieben." Das nenne ich mal eine lebendige Demokratie. Da soll sich nie wieder jemand von denen über mangelnde BürgerInnenbeteiligung beklagen!
Chris
Gast
Ruth, wenn es wirklich stimmt, dass die EP-Verwaltung beschlossen hat, ACTA-Mails von besorgten Bürgern an ihre Abgeordneten als Spam zu behandeln ... dann ist das nicht nur eine Randnotiz ... das ist ein Angriff auf den Grundpfeiler unserer Demokratie. Wenn wir über Verträge & Gesetzte die von unseren Volksvertretern entschieden werden sollen nicht mehr reden können, ohne diese beim Namen zu nennen, dann ist das keine Demokratie mehr.
Also, wenn es stimmt ist das Zensur & Sabotage an unserer Demokratie ... um nicht zu sagen verfassungsfeindlich. Dann gehört das Thema aber auf die Titelseite!
ayecptn
Gast
Geht es im letzten absatz nur um den deutschen Teil des Parlamentes oder das komplette EU Parlament?
Paint.Black
Gast
"Die EU-Abgeordneten haben Tausende E-Mails von Acta-Gegnern erhalten. Damit ist nun Schluss: Die Parlamentsverwaltung hat entschieden, alle Acta-Mails automatisch in die Spam-Ordner zu verschieben."
Das nenn ich doch mal echtes Demokratieverständnis.
Die Leute werden zwar alle nicht bezahlt, machen sich die Mühe den Wählerwillen deutlich zu machen - und denen, die dafür Geld bekommen, den Wählerwillen zu kennen und danach zu entscheiden, ist das zuviel Arbeit.
Ich glaub es hackt!
Und sich wundern, dass die politische Klasse im Ansehen die hinteren Plätze einnimmt - wenn sie selbst ihren Job nicht verstehen...
Burak
Gast
Alvaro ist auch so ein Fähnchen im Wind. Heute dies, morgen das.
Interview mit Alvaro, in welchem er genau das Gegenteil äußert:
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1157207/
Anonymous
Gast
Die Grünen sind einen Tag zu spät dran..., lieber beim Orginal bleiben: Piraten.
Jens Gose
Gast
Indische Generika-Lieferungen an Brasilien vernichten - warum sollte man das wollen?
Katrina Reichert
Gast
Protestmails direkt in den SPAM-Ordner?
Sind die besoffen?
Sich in einer Demokratie auf diese Weise des Volkswillens zu entledigen, ist bestenfalls schäbig. Tatsächlich ist es schlicht und ergreifend eine peinliche Unverschämtheit sonder gleichen.
Vielleicht sollten die zukünftigen ACTA-Demos direkt in Brüssel statt finden, um diese demokratiefeindlichen Vollspaten zeitsparend zu umgehen.
Entsetzte Grüße
Katrina Reichert
Koordinatorin der AG Transrecht der Piratenpartei Deutschland
http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:KatrinaR
Dietrich Becker
Gast
Die EU-Abgeordneten kommen zum Zweifeln... Was soll denn das bitte heißen? Mein linkes Ohr sagt mir, die EU hätte ACTA schon längst unterzeichnet, mein rechtes Ohr sagt, nein - Deutschland seie noch am Ueberlegen und während sich nun auch die Zweifel in meinem Kopf nähren, naht der mir unbekannte Termin an dem ACTA des Zweifeln wegens unbemerkt, schnell unterzeichnet ist...
jaja so ist das mit der Politik...
wer da nicht durchblickt ist selber Schuld.
herbert
Gast
Es ist nicht das Geschäftsziel oder die Aufgabe eines Internet-Providers meinen Datenverkehr zu überwachen oder gar meinen Anschluss zu sperren, um auf diesem Wege gegen Copyright-Verstöße vorzugehen. Das dies auch ohne ACTA gut funktioniert zeigt z.B. der Fall von Megaupload und die 200.000 Abmahnungen im vergangenen Jahr.
PS: Wieso wird die Linke mal wieder mit keiner Silbe erwänht?
Dietrich Becker
Gast
Die EU-Abgeordneten kommen zum Zweifeln... Was soll denn das bitte heißen? Mein linkes Ohr sagt mir, die EU hätte ACTA schon längst unterzeichnet, mein rechtes Ohr sagt, nein - Deutschland seie noch am Ueberlegen und während sich nun auch die Zweifel in meinem Kopf nähren, naht der mir unbekannte Termin an dem ACTA des Zweifeln wegens unbemerkt, schnell unterzeichnet ist...
jaja so ist das mit der Politik...
wer da nicht durchblickt ist selber Schuld.
Dietrich Becker
Gast
Die EU-Abgeordneten kommen zum Zweifeln... Was soll denn das bitte heißen? Mein linkes Ohr sagt mir, die EU hätte ACTA schon längst unterzeichnet, mein rechtes Ohr sagt, nein - Deutschland seie noch am Ueberlegen und während sich nun auch die Zweifel in meinem Kopf nähren, naht der mir unbekannte Termin an dem ACTA des Zweifeln wegens unbemerkt, schnell unterzeichnet ist...
jaja so ist das mit der Politik...
wer da nicht durchblickt ist selber Schuld.
wolf
Gast
Es wäre doch viel einfacher für die EU- Abgeordneten und würde auch die Server entlasten, wenn die ACTA- Papiere in den Spam- Ordner wanderten und dort ordentlich gelöscht werden.
SBartsch
Gast
Also da stellt sich mir doch... die Frage: Wenn die EU-Parlamentsverwaltung ACTA als SPAM ein einstuft, können dann die Abgeordneten sich diesbezüglich noch austauschen?!
Marek
Gast
"Die EU-Abgeordneten haben Tausende E-Mails von Acta-Gegnern erhalten. Damit ist nun Schluss: Die Parlamentsverwaltung hat entschieden, alle Acta-Mails automatisch in die Spam-Ordner zu verschieben."
Auch mal wieder eine kreative EU-Art der Problemlösung...sollten wir mal mit dem Steuerbescheid so machen... :)