Kommentar: Abzocker
■ Bremerhaven wollte an ihn glauben
Von den ehrgeizigen Plänen des amerikanischen Architekten Peter Chermayeff ist nichts mehr übrig – bis auf einen Haufen Sperrholz. Eine Entwicklung, die keinesfalls überrascht. Warnsignale hat es genug gegeben: Für einen Architekten machte Chermayeff von Anfang an ungewöhnliche Versprechen: Er käme nicht nur als Architekt, sondern auch als Investor, hatte er den Bremerhavenern versprochen.
Daß dies nichts weiter als Lippenbekenntnisse waren, um Politikern und Stadtvätern seine Entwürfe schmackhaft zu machen, steht mittlerweile außer Zweifel. Chermayeff hat zwar investiert, 13 Millionen Mark für ein Grundstück – allerdings in Oberhausen und nicht in Bremerhaven. Dort hat er kassiert: 680.000 Mark für das Sperrholz-Modell, das sich als unrentabel herausgestellt hat. Chermayeff kann man das noch nicht einmal vorwerfen. Er ist halt ein cleverer Geschäftsmann, wie das Wirtschaftspolitische Aktionsprogramm (WAP) viele anlockt. In Bremen gibt es halt was zu holen, und das holen sie sich. Dafür, daß die Kommunalpolitiker in Bremerhaven allerdings so lange sämtliche Warnsignale übersehen haben, kann es nur einen Grund haben: Sie wollten an Chermayeff glauben. Und in gewisser Weise hat der Amerikaner auch recht behalten: „Alles was passieren kann ist, daß wir ein bißchen Geld ausgegeben haben“, hat er gesagt. Kerstin Schneider
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