piwik no script img

Abzocke bei SpitzenpolitikerDoppelt abkassiert

Der thüringische SPD-Wirtschaftsminister Matthias Machnig soll eine Zeit lang zweimal Geld bekommen haben – vom Bund und vom Land.

Der SPD-Mann mit Mehrfachbezug: Matthias Machnig. Bild: dpa

DRESDEN taz | Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Dieses Sprichwort ignorierte offenbar Matthias Machnig (SPD), Wirtschaftsminister in Thüringen und von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ins Kompetenzteam geholt.

In der Affäre um Ruhestandsbezüge des früheren thüringischen Regierungssprechers Peter Zimmermann fühlte er sich von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) „arglistig getäuscht“. Doch Machnig profitierte selbst von komfortablen Versorgungsregelungen.

Der Spiegel griff jetzt erste Hinweise von Regionalzeitungen und Thüringer Landtagsanfragen auf, wonach der Minister bei seinem Ausscheiden als Umweltstaatssekretär des Bundes im November 2009 in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Damit hatte er drei Jahre lang Anspruch auf Versorgungsleistungen in Höhe von 71,75 Prozent seiner vormaligen Bezüge – obschon Machnig am selben Tag ins Thüringer Kabinett Lieberknecht berufen wurde.

Nach Spiegel-Angaben soll er bis 2012 so über 100.000 Euro bezogen haben. Ein Schreiben der Bundesfinanzdirektion, das dem Magazin vorliegt, widerlege Machnigs Behauptung, diese Einkünfte seien mit seinem Ministergehalt von 147.000 Euro im Jahr verrechnet worden. Der Minister will maximal drei Monate ein Übergangsgeld erhalten haben.

Strenge Überprüfungen

Machnig wurde laut diesem Schreiben praktisch so behandelt, als sei er in die Privatwirtschaft gewechselt. 2011 hatte ein wenig bekanntes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aber dazu geführt, dass solche Zahlungen strenger überprüft und das zweite Einkommen Machnigs reduziert wurden.

Der Wirtschaftsminister habe sich „absolut rechtskonform verhalten“, entgegnet Ministeriumssprecher Stephan Krauß. Machnig sei – im Gegensatz zu Exregierungssprecher Zimmermann – faktisch entlassen worden. Zimmermann hatte nachträglich um Entlassung gebeten und somit die Staatskasse von Versorgungszahlungen entlastet.

Erst kürzlich war die Immunität von Ministerpräsidentin Lieberknecht aufgehoben worden, damit die Staatsanwaltschaft in der Sache Zimmermann ermitteln kann.

Das Verhältnis zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD gilt seit der Affäre Zimmermann als belastet. In deren Verlauf wurde bekannt, dass auch Finanzminister Wolfgang Voß (CDU) einen Tag vor seiner Berufung 2010 noch verbeamtet wurde. So sollten Versorgungsansprüche gesichert werden, die aus seinen Tätigkeiten in Niedersachsen und Sachsen herrühren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • F
    Frust

    Was sind das alles für gierige Patrone. Für manch gierigen Heini, wäre es besser, die Flöhe, im eigenen Pelz zu suchen.

  • Doppelt abkassieren, und sich noch dreist hinstellen und sagen:

     

    „hab alles richtig gemacht“,

     

    sagt alles über die raffgierige Selbstbedienungsmentalität von Berufspolitikern.

  • Z
    Z

    Dafür also wird der Soli noch gebraucht.