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Abwahlverfahren gegen SauerlandDuisburgs teurer Persilschein

Die Stadt bestellt sich ein Gefälligkeitsgutachten zur Loveparade-Katastrophe. Die Kritik ist groß. Immerhin: Die Abwahlkampagne gegen OB Sauerland läuft auf Hochtouren.

Nicht alle konnten entkommen: Loveparade in Duisburg. Bild: dapd

KÖLN taz | Theo Steegmann zeigt sich kämpferisch. "Wir werden mehr als 65.000 Stimmen sammeln", sagt der 55-Jährige. Seit drei Monaten läuft das von ihm mitinitiierte Abwahlverfahren gegen Duisburgs umstrittenen Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU). Mitte Oktober wird es abgeschlossen sein - und zwar mit Erfolg. Davon ist Steegmann fest überzeugt.

Der einstige Stahlkocher ist eine Legende in Duisburg. Als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender avancierte er Ende 1987 zu einer der Galionsfiguren des Protests gegen die Stilllegung des Krupp-Hüttenwerks im Stadtteil Rheinhausen. Unterstützt von einer beispiellosen Solidaritätswelle aus dem gesamten Ruhrgebiet kämpfte die damals noch rund 5.300 starke Belegschaft 160 Tage lang gegen die Schließung. Am Ende vergeblich, 1993 verließen der letzte Block Stahl und auch Steegmann das Werk.

Heute ist er einer der Sprecher der "Initiative Neuanfang für Duisburg" - und die Chancen, dass er und seine Mitstreiter diesmal gewinnen werden, stehen weitaus besser.

Eigentlich hat die "Initiative Neuanfang für Duisburg" schon jetzt die erforderliche Anzahl an Unterschriften beisammen. Etwa 55.000 Unterschriften sind erforderlich, rund 60.000 sind beim Notar hinterlegt. Das Verhalten Sauerlands vor, während und nach der fürchterlichen Katastrophe auf der Loveparade am 24. Juli 2010, empört bis heute viele Menschen in Duisburg.

Doch wie viele Unterschriften wird die Stadt als gültig werten? Darüber ist inzwischen ein heftiger Streit entbrannt. Nach Ansicht des städtischen Wahlamts sollen alle diejenigen aussortiert werden, bei denen bei der angegebenen Anschrift die Hausnummer fehlt. Für eine "Trickserei" hält das Steegmann. "Sauerland und seine Truppe versuchen alles, um uns unter die Hürde zu drücken", sagt er.

Gefälliges Gutachten

Auch die Initiative "Mehr Demokratie" hält die Haltung der Stadt für nicht statthaft. Nach geltender Rechtslage reiche es aus, wenn die Unterzeichner "zweifelsfrei identifizierbar" seien, sagt Initiativen-Sprecher Thorsten Sterk. Doch auf juristische Scharmützel will sich Steegmann nicht einlassen: "Dann sammeln wir halt einfach so viele Unterschriften, dass es keine Zweifel mehr geben kann." Die positive Resonanz auf die Abwahlinitative sei in den vergangenen Tagen ohnehin noch einmal deutlich gestiegen.

Dazu beigetragen hat, dass bekannt wurde, wie viel sich Duisburgs Stadtspitze ein gefälliges Gutachten zur Katastrophe hat kosten lassen: 420.260,15 Euro. Dafür erhielt sie auf 130 Seiten von einer Anwaltskanzlei die gewünschte Bescheinigung, dass die Stadtverwaltung keinerlei Fehler begangen habe, die zum Tod von 21 Menschen und zu mehr als 500 Verletzten geführt haben könnten. Nicht nur Steegmann ist erbost über "solch skandalöse Vorgänge in einer Stadt, wo 2.000 Euro für einen Schüleraustausch fehlen".

Die Rechnung für die höchst fragwürdige Expertise hatte die Verwaltung ursprünglich per Buchungstrick ausgerechnet mit den übrig gebliebenen Mitteln aus der Soforthilfe für die Loveparade-Opfer begleichen wollen. Bis sie merkte, dass dies nicht nur moralisch unzulässig gewesen wäre.

Laut Haushaltssatzung der Stadt bedürfen überplanmäßige Ausgaben über 300.000 Euro der Zustimmung des Rates. Der berät nun am 17. Oktober. Geholfen hat der Verwaltung das Gutachten im übrigen nicht: Die Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile gegen elf Mitarbeiter der Stadt.

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