Abwässer von Düngemittelproduzent: Gesalzener Antrag
Die Firma K+S braucht eine neue Erlaubnis um Salz-Abwässer in Werra und Weser zu leiten. Die Mengen, die K+S vorschlägt, sind ein bisschen groß.
Den entsprechenden Antrag bezeichnete der Umweltverband BUND als Provokation. Und der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) teilte mit Blick auf die in dem Antrag vorgeschlagenen Salz-Grenzwerte mit: „Das lehnen wir ab.“
Beim Kali- und Salzabbau in unterirdischen Bergwerken fallen in Hessen Millionen Kubikmeter salzhaltiges Abwasser an. Sie entstehen im Wesentlichen bei der Förderung, aber auch bei der Lagerung auf riesigen Halden, von denen salzhaltige Rückstände erodieren.
Über die Genehmigung entscheidet das Kasseler Regierungspräsidium. Weil dazu auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung gehört, konnten Umweltverbände und betroffene Gemeinden bis zum Montag Einwände erheben.
Würde der Antrag genehmigt, dürfte die Salzeinleitung bis 2027 nahezu unverändert fortgesetzt werden, kritisiert der BUND in seiner Stellungnahme. „Der im ‚Bewirtschaftungsplan Salz‘ von 2016 enthaltene Kompromiss zwischen einem ‚weiter so‘ und der vom BUND geforderten ‚Kaliproduktion ohne Salzeinleitung‘ würde aufgekündigt.“
Der „Bewirtschaftungsplan Salz“ ist bis einschließlich 2021 von der Flussgebietsgemeinschaft Weser (FGG) beschlossen worden, der alle Bundesländer im Weser-Einzugsgebiet angehören. Ihr Ziel ist es, den ökologischen Zustand des Flussgebiets so zu verbessern, dass es 2028 die Qualitätskriterien der EU-Wasserrahmenrichtlinie erfüllt. Geschieht das nicht, muss Deutschland Strafgelder an die EU zahlen.
Der bis 2021 geltende Bewirtschaftungsplan sieht deshalb auch für die Jahre bis 2027 Zielzahlen vor, die einen Pfad zum guten ökologischen Zustand 2028 weisen sollen. „Die in dem Antrag aufgeführten Werte liegen höher, als es die Zielwerte für Salz an den entscheidenden Pegelständen in Gerstungen und Boffzen zulassen würden“, kritisiert Minister Lies. Er erwarte daher „mit Spannung“ die Entscheidung des Kasseler Regierungspräsidiums über den Antrag von K+S.
Die Krux dabei ist, dass die Genehmigung, über die die Hessen entscheiden müssen, für die Jahre 2021 bis 2027 beantragt ist. Der nächste Bewirtschaftungsplan, den die Länder – Hessen inklusive – aufstellen müssen, reicht von 2022 bis 2027. Hessen, das viele Arbeitsplätze zu verlieren hat, kann dabei die anderen Länder – ganz abgesehen von der nationalen und EU-Gesetzgebung – nicht einfach ignorieren.
Thomas Norgall vom BUND Hessen wirft K+S vor, einen unrealistischen Antrag vorgelegt zu haben. K+S lege zwar einen Antrag mit immer schärferen Grenzwerten vor; die blieben aber weit unter dem, was die Länder vereinbart hätten. „Wer jetzt darauf setzt, dass er quasi unverändert weitermachen kann, tut so, als wäre ab 2028 wie von Zauberhand plötzlich alles gut“, sagt Norgall – als könnten die von der EU geforderten Werte Knall auf Fall eingehalten werden.
Der Bewirtschaftungsplan gehe auf den Masterplan Salzreduktion aus dem Jahr 2015 zurück, sagt K+S-Sprecher Ulrich Göbel. „Dessen Voraussetzungen sind inzwischen überholt; wir haben deshalb andere Grenzwerte beantragt.“ Das Abwasser zu verringern sei schwieriger als gedacht.
Die direkte Verringerung der Produktionsabwässer sei technisch ausgereizt, die Abdeckung der Kali-Halden noch im Versuchsstadium. Zudem werde weiter nach Einlagerungsmöglichkeiten gesucht. „Das sind Dinge, die ihre Zeit brauchen“, sagt Göbel. Spätestens 2028 werde K+S aber keine Produktionsabwässer mehr in die Werra einleiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“