Abtreibungsklinik in Baden-Württemberg: Keine Bleibe für Stapf
Keinen Vermieter gefunden: Eine Abtreibungsklinik in Stuttgart bleibt geschlossen. Damit entsteht eine große Versorgungslücke.
TÜBINGEN taz | Der Arzt Friedrich Stapf hat in Stuttgart vergeblich nach einem neuen Standort für seine Abtreibungsklinik gesucht. Seit dieser Woche ist sie geschlossen, Beratungsstellen fürchten für ihre Klientinnen eine Versorgungslücke.
Ein „Einbruch“ sei die Schließung der Klinik für Schwangerschaftsabbrüche von Friedrich Stapf, sagt eine Mitarbeiterin der Schwangerschaftsberatungsstelle Donum Vitae in Stuttgart. In den ersten Tagen nach Schließung am 30. Januar hätten ihre Klientinnen niemanden in der Klinik Stapf erreicht: „Ein riesiger Stressfaktor für die Frauen.“ Stapf hatte die endgültige Schließung nicht groß verkündet. Bitterkeit und ein bisschen Trotz dürften der Grund dafür sein: Trotz zweijähriger Suche hat er keine neue Bleibe gefunden.
Der Mietvertrag des Arztes, der seit 24 Jahren in Stuttgart eine Klinik für Schwangerschaftsabbrüche betrieb, ist ausgelaufen, weil Stapf eine Verlängerung versäumt hatte. Seine Suche nach neuen Räumen wurde von heftigem Protest sogenannter Lebensschützer begleitet.
Ein Vermieter hat aufgrund der Einschüchterungen durch die fundamental-christlichen Abtreibungsgegner seine Zusage zurückgezogen. Jetzt hat Stapf die Segel gestrichen und sich aus Stuttgart zurückgezogen. Auch von der Stadt ist er enttäuscht.
Vorwurf gegen die Stadt
Der zuständige Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne) bedauert die Klinikschließung, die eine Versorgungslücke verursache. Stapf wirft der Stadt allerdings vor, selbst daran schuld zu sein, weil sie als seine Vermieterin ihn nicht auf den auslaufenden Mietvertrag hingewiesen habe.
Wölfle weist solche Anwürfe zurück. Die Stadt habe „alles daran gesetzt, eine neue Bleibe für die Klinik zu finden“, sagt der Grüne. Allein schon deshalb, weil er den Lebensschützern keinen Erfolg gönnen wolle.
Die Schließung mag einer Aneinanderreihung unglücklicher Umstände geschuldet sein. Stuttgart ist nun in der absurden Situation, die Leistung zu benötigen, das Stapf gerade eingestellt hat. Seine Klinik galt als größte ihrer Art in Baden-Württemberg und hat nach Angaben des Arztes zirka 20 Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche im Bundesland vorgenommen. Immerhin haben andere Ärzte bereits signalisiert, sie könnten einen Teil der Patientinnen übernehmen.
Marion Janke von der Beratungsstelle Pro Familia fordert, dass es eine Schwerpunktpraxis für Schwangerschaftsabbrüche in Stuttgart geben muss. Die Anonymität der Großstadt sei für viele Frauen wichtig, genau wie der Spezialisierungsgrad einer solchen Klinik. Alles andere könnten nur temporäre Notlösungen sein.
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