Abstimmung über Isaf-Mandat: Bundeswehr bleibt in Afghanistan
Verteidigungsminister Guttenberg revidiert seine Einschätzung zum Luftangriff bei Kundus. Für Oberst Klein äußert er "Verständnis". Der Bundestag verlängert das Mandat.
BERLIN taz | Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat seine Einschätzung zum verheerenden Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan revidiert. In der gestrigen Bundestagsdebatte zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes bezeichnete er das Bombardement erstmals als "militärisch nicht angemessen". Der Minister erklärte: "Nach allen mir jetzt vorliegenden Informationen habe ich meine Ansicht revidiert".
Zuvor hatte er den damals verantwortlichen Oberst Georg Klein ausdrücklich verteidigt. "Zweifellos hat er nach bestem Wissen und Gewissen und zum Schutz seiner Soldaten gehandelt", sagte der Minister. Mehrfach sprach er von "Verständnis" für die Entscheidung Kleins. Er werde ihn jetzt nicht fallen lassen.
Am 6. November hatte Guttenberg den Angriff, bei dem bis zu 142 Menschen - darunter Dutzende Zivilisten - getötet wurden, nach Einsicht in einen Nato-Bericht noch als "angemessen" bezeichnet. Vor einer Woche war die Existenz eines Berichts der Feldjäger zu dem Luftangriff bekannt geworden. Als Folge hatte zu Guttenberg Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert entlassen. Zudem war der ehemalige Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) als Arbeitsminister zurückgetreten. Zur Aufklärung wurde am Mittwoch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen. Der Luftangriff und die mangelnde Transparenz des Ministeriums waren auch in der Bundestagsdebatte am gestrigen Donnerstag Thema.
Die Abgeordneten stimmten am Abend für die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr um ein Jahr. In der vorangegangenen Debatte warfen Politiker aller Oppositionsparteien der Regierung vor, keine klare Strategie für den Einsatz am Hindukusch vorgelegt zu haben. Sie äußerten sich skeptisch über eine mögliche Truppenaufstockung und betonten die Notwendigkeit des zivilen Aufbaus.
Zwar hatte der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holebrooke, erklärt, dass die USA keinen Druck auf Deutschland ausüben werden, mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Dennoch rechnet man offenbar mit einer US-Anfrage nach einer Truppenaufstockung um bis zu 2.500 Soldaten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) verwies auf die Afghanistankonferenz am 28. Januar. "Dort werden Ziele definiert und eine Strategie entwickelt", sagte er. Gleichzeitig betonte er, "niemand möchte einen Einsatz für die Ewigkeit".
Wie sich die SPD zu einer möglichen Aufstockung verhält, ist unklar. "Ich plädiere dafür, über Ziele nicht über Zahlen zu sprechen", sagte Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Die Grünen verweigerten dem Einsatz mehrheitlich die Zustimmung. Trittin warf der Regierung vor, heimlich an einer Aufstockung zu arbeiten. "Sie erwarten von uns einen Blankoscheck", so Trittin.
Während dem "ARD-Deutschlandtrend" zufolge 69 Prozent der Bundesbürger einen schnellen Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan fordern, warben Vertreter von Union und FDP für die Zustimmung zur Mandatsverlängerung.
Leser*innenkommentare
jps-mm
Gast
In Deutschland sind die Maßstäbe verrückt
Der Jung hat "lediglich" der Öffentlichkeit - kurz vor der Bundestagswahl - Informationen über das Ausmass ziviler Opfer bei einem Bombenabwurf in Afghanistan vorenthalten. Der Jung muss dafür zurücktreten.
Der Schäuble schafft bewußt - mit Billigung der Merkel - ein Klima von Angst und Einschüchterung. Seit 2005 hat sich die Menschenrechtslage in Deutschland - nicht zuletzt durch das BKA-Gesetz - drastisch verschlechtert, die Bürgerrechtsverletzungen schwerster Art werden - mit Billigung der Merkel - unverändert fortgesetzt. Hinzu kommt, dass die Merkel systematisch die Strafverfolgung der dafür verantwortlichen Rechtsbrecher hintertreibt. Der Schäuble ist aber immer noch im Amt.
Deutschland ist ein asozialer Unrechtsstaat.
richtigbissig
Gast
Herr Gutenberg ist Taz-Leser, zumindest hat er meine Position in Sachen "Oberst Klein" im Wesentlichen übernommen.
http://www.taz.de/1/politik/asien/artikel/kommentarseite/1/%5Cverdacht-eines-kriegsverbrechens%5C/kommentare/1/1/
LG
vic
Gast
Die Mitglieder dieser Regierung revidieren heute verdächtig oft wovon sie gestern noch überzeugt waren.
Nun haben sie also beschlossen was jeder bereits vorher wusste.
Wenn es eine Möglichkeit gibt, Fehlentscheidungen zu treffen, so kann man sicher sein - diese Regierung wird sie finden.
Verständnis für Klein hat er, soso. Wenn er das mal nicht revidieren muss, der Herr Guttenberg.
Dieses Land hat so viele Einwohner, warum nur mussten wir uns die größten Nieten als Regierung auswählen?
Werner Lorenzen-Pranger
Gast
Da hängt einer billigst sein Mäntelchen in den Wind und versucht ja nirgends anzuecken. Mickriger war "Politik" wohl nie, wenn man hier diesen Begriff überhaupt noch bemühen darf...
Maik
Gast
Wo bleiben in Deutschland die Antikriegsproteste?
andre.may
Gast
Deutschland hat sich da unten ganz gemütlich auf Dauer einrichtet. Ab und an fliegt ein Unterhaltungskommando ein, um die TV - Quote zu schmeissen. Eins ist sicher. Die Tagesmillion, die unsere Camouflage - Wühlmäuse im Afghaland morgen versenken, klaut sich Papa Staat übermorgen auch aus Deiner Geldbörse.
audio001
Gast
Das ganze Verhalten der Verantwortlichen war und ist nicht plausibel! Selbst wenn (schlimm genug) durch eine vermutlich unangemessene fahrlässige Befehlsgebung eines Offiziers vor Ort, Zivilisten zu Schaden gekommen sind, hätte es für die Verantwortlichen doch keinen plausiblen Grund gegeben zu versuchen dieses zu verschleiern!?
Warum sollten die Verantwortlichen in Bundeswehr oder Bundesverteidigungsministerium ein mögliches Fehlverhalten eines Offiziers vor Ort decken wollen?
Für mich persönlich bekäme - wenn überhaupt - das Ganze nur einen Sinn, wenn in der Zeit vor dem Angriff bereits eine Informationslage gegenüber dem Einsatzführungskommando bzw. dem Bundesverteidigungsministerium (oder wem auch immer?) bestanden hätte, aus der man in der Öffentlichkeit den Schluss hätte ziehen können, dass es möglicherweise eine Einflussnahme auf die Geschehnisse sprich Befehlsgebung vor Ort gegeben haben könnte!?
Anders formuliert: Könnte es sein, dass sich der verantwortliche Offizier vor Ort für das „go“ des Luftangriffs, an anderer Stelle rückversichert hatte?
Und offensichtlich haben sich diese Stunden vor dem Luftangriff (22.00 bis 1.30 Uhr), aus Sicht der Geschehnisse im Einsatzführungskommando bzw. dem Bundesverteidigungsministerium, bislang einer abschließenden Bewertung entzogen!- Insoweit ist auch diese Fragestellung abschließend im Untersuchungsausschuss zu klären!
GonZoo
Gast
Es kümmert Guttenberg also nicht, was er gestern gesagt hat - hat er denn vor gar nicht vielen Tagen genau das Gegenteil gesagt?
Ja, hier im Interview:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/884548/Guttenberg-Luftangriff-war-angemessen#/beitrag/video/884548/Guttenberg-Luftangriff-war-angemessen
Heißt das nun, daß er die Akten noch nicht gelesen und vorschnell geurteilt hatte? Oder heißt es, daß er seine Meinung mal eben ändert?
Es geht ihm also in dem Interview um Rechtssicherheit für die Truppe - nun, die scheint ihm heute egal zu sein. Ein Oberbefehlshaber, der seine Meinung nach Lage der Umfragen zu ändern scheint, disqualifiziert sich selbst.
jps-mm
Gast
In Deutschland sind die Maßstäbe verrückt
Der Jung hat "lediglich" der Öffentlichkeit - kurz vor der Bundestagswahl - Informationen über das Ausmass ziviler Opfer bei einem Bombenabwurf in Afghanistan vorenthalten. Der Jung muss dafür zurücktreten.
Der Schäuble schafft bewußt - mit Billigung der Merkel - ein Klima von Angst und Einschüchterung. Seit 2005 hat sich die Menschenrechtslage in Deutschland - nicht zuletzt durch das BKA-Gesetz - drastisch verschlechtert, die Bürgerrechtsverletzungen schwerster Art werden - mit Billigung der Merkel - unverändert fortgesetzt. Hinzu kommt, dass die Merkel systematisch die Strafverfolgung der dafür verantwortlichen Rechtsbrecher hintertreibt. Der Schäuble ist aber immer noch im Amt.
Deutschland ist ein asozialer Unrechtsstaat.
richtigbissig
Gast
Herr Gutenberg ist Taz-Leser, zumindest hat er meine Position in Sachen "Oberst Klein" im Wesentlichen übernommen.
http://www.taz.de/1/politik/asien/artikel/kommentarseite/1/%5Cverdacht-eines-kriegsverbrechens%5C/kommentare/1/1/
LG
vic
Gast
Die Mitglieder dieser Regierung revidieren heute verdächtig oft wovon sie gestern noch überzeugt waren.
Nun haben sie also beschlossen was jeder bereits vorher wusste.
Wenn es eine Möglichkeit gibt, Fehlentscheidungen zu treffen, so kann man sicher sein - diese Regierung wird sie finden.
Verständnis für Klein hat er, soso. Wenn er das mal nicht revidieren muss, der Herr Guttenberg.
Dieses Land hat so viele Einwohner, warum nur mussten wir uns die größten Nieten als Regierung auswählen?
Werner Lorenzen-Pranger
Gast
Da hängt einer billigst sein Mäntelchen in den Wind und versucht ja nirgends anzuecken. Mickriger war "Politik" wohl nie, wenn man hier diesen Begriff überhaupt noch bemühen darf...
Maik
Gast
Wo bleiben in Deutschland die Antikriegsproteste?
andre.may
Gast
Deutschland hat sich da unten ganz gemütlich auf Dauer einrichtet. Ab und an fliegt ein Unterhaltungskommando ein, um die TV - Quote zu schmeissen. Eins ist sicher. Die Tagesmillion, die unsere Camouflage - Wühlmäuse im Afghaland morgen versenken, klaut sich Papa Staat übermorgen auch aus Deiner Geldbörse.
audio001
Gast
Das ganze Verhalten der Verantwortlichen war und ist nicht plausibel! Selbst wenn (schlimm genug) durch eine vermutlich unangemessene fahrlässige Befehlsgebung eines Offiziers vor Ort, Zivilisten zu Schaden gekommen sind, hätte es für die Verantwortlichen doch keinen plausiblen Grund gegeben zu versuchen dieses zu verschleiern!?
Warum sollten die Verantwortlichen in Bundeswehr oder Bundesverteidigungsministerium ein mögliches Fehlverhalten eines Offiziers vor Ort decken wollen?
Für mich persönlich bekäme - wenn überhaupt - das Ganze nur einen Sinn, wenn in der Zeit vor dem Angriff bereits eine Informationslage gegenüber dem Einsatzführungskommando bzw. dem Bundesverteidigungsministerium (oder wem auch immer?) bestanden hätte, aus der man in der Öffentlichkeit den Schluss hätte ziehen können, dass es möglicherweise eine Einflussnahme auf die Geschehnisse sprich Befehlsgebung vor Ort gegeben haben könnte!?
Anders formuliert: Könnte es sein, dass sich der verantwortliche Offizier vor Ort für das „go“ des Luftangriffs, an anderer Stelle rückversichert hatte?
Und offensichtlich haben sich diese Stunden vor dem Luftangriff (22.00 bis 1.30 Uhr), aus Sicht der Geschehnisse im Einsatzführungskommando bzw. dem Bundesverteidigungsministerium, bislang einer abschließenden Bewertung entzogen!- Insoweit ist auch diese Fragestellung abschließend im Untersuchungsausschuss zu klären!
GonZoo
Gast
Es kümmert Guttenberg also nicht, was er gestern gesagt hat - hat er denn vor gar nicht vielen Tagen genau das Gegenteil gesagt?
Ja, hier im Interview:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/884548/Guttenberg-Luftangriff-war-angemessen#/beitrag/video/884548/Guttenberg-Luftangriff-war-angemessen
Heißt das nun, daß er die Akten noch nicht gelesen und vorschnell geurteilt hatte? Oder heißt es, daß er seine Meinung mal eben ändert?
Es geht ihm also in dem Interview um Rechtssicherheit für die Truppe - nun, die scheint ihm heute egal zu sein. Ein Oberbefehlshaber, der seine Meinung nach Lage der Umfragen zu ändern scheint, disqualifiziert sich selbst.