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Abstimmung über Bremer BausenatorDuell der Außenseiter

Samstag entscheiden die Grünen, ob Robert Bücking oder Joachim Lohse Bausenator in Bremen wird. Ein Kampf zwischen Basis und Führung ist das nicht.

Wenn es was zu retten gibt, ist Umweltsenator Joachim Lohse zur Stelle Foto: dpa

Bremen taz | Joachim Lohse ist bereit für Zoff. Der amtierende grüne Senator für Bau, Umwelt und Verkehr teilte seiner Partei am Montag mit, er sei „fest entschlossen“ weiterzumachen. Auf ihrer Landesmitgliederversammlung am Samstag entscheidet die grüne Basis über den vom Landesvorstand ausgehandelten Koalitionsvertrag – und über die vorgeschlagenen SenatorInnen.

In der wohl einzigen Kampfabstimmung des Tages wird sich Lohse gegen den ehemaligen und langjährigen Leiter des Ortsamts Mitte, Robert Bücking, durchsetzen müssen. Der hatte sich kurzfristig auf den Posten beworben. (Die taz berichtete)

Die Wahl gilt einigen Kommentatoren als Machtkampf zwischen Parteispitze und Basis: Hier der vom Vorstand einstimmig vorgeschlagene Senator Lohse, dort der als beliebter geltende Bücking. Dass die Verhältnisse ganz so einfach nicht sind, war allerdings bereits im November bei der Listenaufstellung zur Bürgerschaftswahl zu sehen. Immerhin rund 75 Prozent der TeilnehmerInnen hatten Lohse auf Listenplatz vier gewählt, während Bücking auf den folgenden Plätzen wiederholt abschmierte.

Einerseits, sagte Lohse nun, seien solche Auseinandersetzungen ja gut für die Partei – als Möglichkeit, „zwischen verschiedenen Alternativen die bessere auszuwählen.“ Nur früher hätte das passieren sollen: „Zum Beispiel vor vier Jahren, als es um die Nachfolge von Reinhard Loske ging“, so Lohse, oder eben zur Listenaufstellung vor der Wahl.

56, ist seit 2011 Senator für Umwelt, Bau und Verkehr und Mitglied von B90/Die Grünen. Zuvor war er als Bauderzenent in Kassel tätig. Dorthin war er 2009 aus Freiburg gewechselt, wo er sechs Jahre lang als Geschäftsführer des renommierten Öko-Instituts tätig war.

In Hamburg geboren hatte Lohse dort und in Southampton Chemie studiert. Nach der Promotion mit einer Dissertation zur Problematik schwerflüchtiger Kohlenwasserstoffe in Sedimenten der Nordsee hatte er 1988 mit gleichgesinnten UmweltwissenschaftlerInnen das Hamburger Ökopol-Institut gegründet, das bis heute Bund, EU-Gremien und Landesregierungen sowie außerstaatliche Organisationen im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeitsstrategien berät.

Lohse ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Bücking bringt sich regelmäßig ins Gespräch

Jetzt hingegen hätte doch allmählich Ruhe einkehren können, und die Wunden verheilen, „die die letzten Wochen bei vielen von uns gerissen haben“. Ganz unerwartet kommt Bückings Kandidatur freilich nicht. Zwar beteuerte er gegenüber der Bild, er hätte sich spontan zu diesem Schritt entschieden. Als Bausenator ins Gespräch bringt er sich allerdings mindestens seit 2007.

Lohses Arbeit ist nicht unumstritten. Zwar wurde gerade im März sein Verkehrsentwicklungsplan 2025 wegen der Beteiligunsangebote für BürgerInnen als einer der besten Europas prämiert. Medial aber stand er vielfach in der Kritik, so als er auf Einladung des deutschen Konsulats zu einer Offshore-Energietagung in Chicago, Illinois fuhr. Auch hinkt man beim Bau von Sozialwohnungen dem Bedarf hinterher.

Häufig fand sich Lohse persönlichen Angriffen aus Reihen der CDU ausgesetzt. Erst als er im vergangenen Jahr nach anhaltender Kritik an seiner Amtsführung die Pressesprecherin austauschte, wurde es ruhiger. Innerhalb der Grünen gab es derweil zwar Angriffe Einzelner, zum offenen Konflikt mit der Partei ist es aber nie gekommen. Umgekehrt sollen bereits etliche Parteimitglieder ihren Austritt für den Fall eines Siegs von Bücking angekündigt haben. Auf Facebook wurde seine Kandidatur teils hämisch, teils sarkastisch kommentiert.

Ein 62jähriger sieht sich als Erneuerer

Lohse war erst 2011 aus Kassel nach Bremen gekommen. Er ist erst damals in die Partei eingetreten. Als Außenseiter in der Abstimmung aber stilisiert sich Bücking, der als 62jähriger nach 20 Jahren Ortsamtsleitung nun für Erneuerung stehen möchte.

Bei der Frage „Robert oder Joachim“, erklärte Lohse seiner Partei, gehe es nicht um die Wahl zwischen Politikrichtungen, „sondern um Persönlichkeiten“. Mit ihm bekäme die Partei „keinen wortgewaltigen Ankündigungsminster“, verspricht er, sondern einen „erfahrenen Manager“ und „Teamplayer“.

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