■ Standbild: Abschied von gestern
„Das Fernsehen und sein Preis“, Mo., 23 Uhr, West 3
Obwohl er „manchmal auseinanderfällt“ (Horst Königstein über seine Trophäe), wollen ihn alle haben: den Adolf-Grimme- Preis, den deutschen Fernseh- Oscar. Nun schon zum 30. Mal wird der renommierte Quality- Award, den der Volkshochschulverband gestiftet hat, am Freitag im gallischen Fernsehdorf Marl verliehen.
Für den preisbewußten WDR Grund genug, Grimme-Preis- Abonnent Heinrich Breloer mal eben ins Archiv zu schicken. Kurzerhand staubte er dort seine „Jährliche Ermahnung“ ab, den Jubiläumsfilm, den er schon zum 25. Grimme-Geburtstag gemacht hatte. Zu nachtschlafender Zeit boten die Kölner den Spätheimkehrern nun Gelegenheit, das aktuell aufgepeppte Remake zu sichten.
Breloers „Revue“ nimmt sich aus wie die Geschichte vom Niedergang eines Mediums und bietet – im Gegensatz zur ersten Fassung – wenig Anlaß zu Optimismus. Vom pädagogisch gedachten Aufklärungsmedium wie in der mit Grimme-Gold dekorierten Auseinandersetzung mit dem Faschismus („Der SS- Staat“, 1964) bis zu der in den neunziger Jahren von den Juries entdeckten „Qualität im Populären“ („Total normal“, 1991): Auf der Reise vom öffentlich-rechtlichen Monopolisten zum „Marktanteilseigner“ sind ganze Genres verlorengegangen. Das Qualitätsfernsehen hat es immer schwerer. „Wir sind auf schreckliche Weise entwertet“, sagt Hans Janke, ehemaliger Leiter des Grimme-Instituts, der heute beim ZDF als Fernsehspielchef Dienst tut.
Schade, daß Breloer selbst auf formaler Ebene nicht viel mehr eingefallen ist, als die Fernsehgeschichte in ihren Grimme-dekorierten Sternstunden Revue passieren zu lassen oder zwischen den Ausschnitten all jene bebrillten Männer vor Bücherwänden zu plazieren, die das Medium auf der Höhe seiner Möglichkeiten genutzt haben. Obwohl es ihm gelingt, Fernsehgrößen von Eberhard Fechner bis Georg Stefan Troller in einem Film zu versammeln, und dank seiner Interviewpartner viel Inhalt in seiner Hommage steckt: Er macht es seinem Publikum nicht leicht, 105 Minuten lang gegen die REM-Phase anzukämpfen, und hat vor lauter Grimme-Respekt auch ganz vergessen, den Preis und seinen aktuellen Wert zu hinterfragen. Graf Yoster
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