Abschied von der Leipzigseite: Ein Labor zum Zeitungmachen
In der taz steckt viel Leipzig. Chefredakteur Georg Löwisch erklärt, warum die Stadt ein wunderbarer Ort für Reporter ist.
Sie zuckelten früher in unendlich langsamen Fahrstühlen 29 Stockwerke den Uni-Riesen hinauf und fahren heute auf der etwas schwindelerregenden Rolltreppe hinunter in den City-Tunnel. Leipzig bewegt sich nach vorn – und neulich, bei der Bundestagswahl, leider auch ein wenig Richtung Dresden, also nach rechts. Manchmal hat sich Leipzig auch im Kreis bewegt wie 1989, als mutige Einwohner der Stadt an den Montagen um den Ring liefen, die Bürgerbewegung.
Eine Stadt, in der sich so viel bewegt, ist eine Stadt für den Journalismus. Kein Wunder, dass dort 1650 die erste deutsche Tageszeitung gedruckt wurde, die Einkommende Zeitung. Heute ist Leipzig immer noch eine großartige Stadt für Reporterinnen und Reporter. Wenn man sich die Telefonliste der taz in Berlin näher anschaut, dann findet man ziemlich viele, die schon in Leipzig gelebt und dort journalistisch gearbeitet haben, die reinste Leipzig-Verschwörung, ich zähle auch dazu.
Aber es musste erst ein gebürtiger Münchner kommen, der noch nie in Leipzig gearbeitet hatte, um ein großartiges Experiment zu starten: taz-Redakteur Andreas Rüttenauer begeisterte 2016 vier Talente für ein Experiment: In einer kleinen Teilauflage wurde seitdem eine Leipzig-Seite produziert, die entsprechenden Artikel erschienen natürlich auch online.
Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.
Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de
Die Reise geht weiter
2017 gingen die ersten in ihre Volontariate, auch in Berlin bei der taz. Ein zweites Team erfand das Projekt noch einmal neu, so wie es sich für ein Labor gehört – und so wie es sich für Leipzig gehört, eine Stadt, in der sich immer etwas verändert.
Das Talenteprojekt berichtete, dass die Leipziger sich gegen den Fahrradklau wehren, indem sie praktisch unknackbare Schlösser bauen mit Material, das sonst nur in der Raumfahrttechnik eingesetzt wird. Eine Reporterin traf eine wunderliche CDU-Abgeordnete, die nach rechts driftete. Eine andere ließ sich an einem Novembertag die Vergangenheit des Friedensparks erzählen: Da liegen die Leichen der Reichen. Eine dritte Autorin – sie erfand das Format des Balkongesprächs – schrieb auf, dass finanzschwache Einwohnerinnen und Einwohner ins westliche Grünau oder ins östliche Paunsdorf verdrängt werden.
Nun zieht es wieder einen Teil des Teams weg aus Leipzig, eine wird im Herbst die zweite taz-Volontärin, die aus dem Projekt kommt. Um ein neues Team aufzubauen, es gut zu betreuen und auszustatten, dazu fehlen uns die Mittel, leider. Aber Leipzig bleibt stark in der taz, vielleicht auch mal wieder mit einer Seite zur Buchmesse, denn dann fährt sowieso immer die halbe taz aus Berlin in diese wunderbare Stadt.
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