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Abschied von Nelson MandelaTumulte am letzten Tag

Rund 100.000 Südafrikaner nehmen am Sarg von Nelson Mandela Abschied. Viele warten vergeblich. Wütend druchbrechen sie die Polizeisperren.

Abschied nehmen am offenen Sarg von Nelson Mandela. Bild: dpa

PRETORIA afp | Begleitet von einem Tumult wütender Anhänger ist der verstorbene südafrikanische Nationalheld Nelson Mandela am Freitag zum letzten Mal öffentlich aufgebahrt worden. Angesichts des Massenansturms Trauernder, die den offenen Sarg am Regierungssitz in Pretoria sehen wollten, rief die Regierung schon am Vormittag dazu auf, nicht mehr zu kommen. Wütend darüber, dass ihnen der Zutritt verwehrt werden sollte, durchbrachen Hunderte am Nachmittag eine Polizeiabsperrung.

Insgesamt erwiesen rund 100.000 Südafrikaner ihrem früheren Präsidenten die letzte Ehre, indem sie seit Mittwoch den offenen Sarg passierten. „Diese Bezeugung der Liebe und Unterstützung war ein immenser Zuspruch für seine Familie und alle, die ihn liebten“, erklärte die Regierung.

Schon am Freitagmorgen standen erneut mehr als 50.000 Menschen Schlange, um Mandela zu sehen. Viele hatten die Nacht in der Nähe des Regierungssitzes, der Union Buildings, verbracht.

Am Donnerstag hatten lediglich 24.000 Menschen am Sarg Mandelas vorbeiziehen können, viele versuchten ihr Glück daher am Freitag erneut. „Das ist einfach unglaublich“, sagte ein Polizeibeamter zu dem Ansturm. „Hier sind so viele Menschen, ganz Südafrika will ihm Lebewohl sagen.“

Viele von denen, die ihren verstorbenen Helden noch einmal zu Gesicht bekamen, äußerten sich tief beeindruckt. „Das ist einfach bewegend“, sagte der Brite Sakib Khan, der seit 2002 in Südafrika lebt. Der 44-jährige Soldat Paulus Mefadi sagte nach dem Verlassen der Gebäude, es sei „einzigartig“ gewesen, da zu sein. "Aber mein Herz ist gebrochen."

Rasch wurde indes klar, dass nicht alle Wartenden den Sarg würden sehen können. Am frühen Nachmittag sagte eine Polizistin auf einem Parkplatz zu den dort versammelten Trauernden, dass das Gelände des Regierungssitzes „komplett ausgelastet“ sei. Es werde daher abgesperrt.

Zwei Tage vergeblich gewartet

Die meisten Anhänger des Anti-Apartheid-Helden zogen sich nach der Ankündigung klaglos zurück, wenn sich auch bei vielen bittere Enttäuschung breit machte. „Wir haben wirklich geglaubt, dass es heute klappt“, sagte die 31jährige Lydia More nach zwei Tagen vergeblichen Wartens. „Wir fühlen uns leer. Es ist traurig.“

Andernorts gaben sich indes hunderte Wartende nicht damit zufrieden, dass ihnen der Zutritt zu dem Sarg verwehrt werden sollte. Sie durchbrachen eine Polizeiabsperrung und stürmten an den Beamten vorbei auf die Union Buildings zu. Die Polizei versuchte noch, sie aufzuhalten, gab dann aber auf und konnte sie auch nicht dazu bringen, sich in einer Reihe anzustellen.

Mandela war am 5. Dezember nach langer Krankheit im Alter von 95 Jahren gestorben. Drei Tage lang war er nun in Pretoria aufgebahrt. Am Samstagmorgen sollte Mandelas Leichnam in sein Heimatdorf Qunu geflogen werden, wo er am Sonntag beigesetzt wird. Dazu soll es zunächst eine Zeremonie vor rund 5.000 geladenen Gästen geben, bevor die Familie im engsten Kreis endgültig von Mandela Abschied nimmt.

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3 Kommentare

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  • G
    gast

    Das die Leute rebellieren, wenn ihnen der Zugang verwehrt wird IHREN Retter vor der weißen Übermacht nochmals zu sehen.

  • U
    Udo
    • G
      gast
      @Udo:

      Wenn das auch mal auf unsere Politiker abfärben würde, nein, weltweit sollte man darüber nachdenken ob Unterdrückung der Menschen und deren Menschenrechte, Gewalt gegen unzufriedene Bürger angebracht ist, ob es richtig ist Flüchtlinge aus Afrika ins Meer zurückzutreiben damit die Einreise verhindert wird, während man aber ihre Erdschätze und Wälder für wenig Geld ausplündert.