: Abrüstung - ja, aber...
■ Nato ist wankelmütig / Gleichzeitig Ab- und Aufrüstung erwogen / Was geschieht mit den Kurzstreckenraketen?
Genf (taz) - Die Nato erwägt, das derzeitige Atomwaffenpotential in Westeuropa von 4.000 auf rund 2.000 Sprengköpfe zu reduzieren. Darauf einigten sich im Prinzip Experten der 16 Mitgliedsstaaten in Brüssel. Entscheidungen werden frühestens zur Tagung der Nato-Verteidigungsminister am 8./9. Mai in Calgary getroffen. Seit drei Jahren existieren die Planungen zur Ausmusterung von alten Atomwaffen mit rund 1.000 Sprengköpfen.
Die zum Teil vollzogene „Modernisierung“ des verbleibenden Arsenals stärkte jedoch insgesamt die Atomwaffenstreitmacht. Dabei soll es bleiben, zumindest was die Anschaffung flugzeuggestützter Abstandsraketen mit Reichweiten von über 1.000 Kilometern betrifft, mit denen durch den INF-Vertrag „verlorengegangene“ Optionen gegenüber sowjetischem Territorium wieder hergestellt werden sollen. Aufgrund der veränderten politischen Situation in Osteuropa wird jetzt erwogen, die gesamte atomare Artillerie mit Reichweiten zwischen 15 und 30 Kilometer aus Westeuropa abzuziehen. Obwohl der Nato-Beschluß vom Mai 1989 gilt, über die Stationierung neuer Lance-Kurzstreckenraketen erst 1992 zu entscheiden, geben Nato-Vertreter aus Washington und London intern zu erkennen, daß sie eine Stationierung dieser Waffen mit Reichweiten von knapp 500 Kilometern kaum für möglich halten. In der Expertengruppe bestand Konsens, jetzt West -Ost-Verhandlungen über diese Systeme zu beginnen. Diese sollen nach begonnener Umsetzung eines ersten Wiener Abkommens zur Reduzierung konventioneller Waffen aufgenommen werden.
Andreas Zumach
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