Abreiben Putzen ist keine niedere Arbeit, sondern eine wie jede andere auch. Die einzige Frage, die man stellen muss, ist die nach gerechter Bezahlung: Lasst putzen!
von Doris Akrap
Nur weil man sich oft niederbeugen muss, ist Putzen keine niedere Arbeit. Oder sagen wir, das Putzen ist genauso wenig niedere Arbeit wie die eines Redakteurs, der sich zur Nachricht über den Besuch der Bundeskanzlerin im Wurfhaus des Bundesleistungszentrum Kienbaum eine Titelzeile ausdenken muss. Es ist Arbeit, die gemacht werden muss.
Die Frage „Darf man für seine eigene Wohnung Putzkräfte bezahlen?“ ist keine Frage, sondern Quatsch und verrät viel über den, der diese Frage überhaupt stellt. Sie haben irgendwelche fiesen feudalen Bilder von Haziendabesitzern und Sklavenhaltern. Dass es das durchaus gibt, ist keine Frage. Aber die Frage in einem demokratischen Land ist nicht die nach Sklaverei, sondern nach gerechter Bezahlung. Die einzige Frage, die im Zusammenhang mit Putzkräften in Privathaushalten gestellt werden sollte, lautet so wie bei jeder gesellschaftlichen Arbeit: Welche Fähigkeiten gibt es und welche Bedürfnisse, und wie können wir das so regeln, dass davon jeder seinen Nutzen hat?
Wer ernsthaft der Meinung ist, weil Putzkräfte drastisch unterbezahlt würden, dürfe man in seinem Privathaushalt keine haben, sollte sich selbst genauso energisch fragen, wie sehr er oder sie dazu beiträgt, dass Löhne immer weiter gesenkt werden, indem man unbezahlte Praktika, Überstunden und untertarifliche Bezahlung bei Jobs in Kauf nimmt, die nur einen vermeintlich besseren Ruf als Kloputzen haben. Im Fall der selbst angestellten Putzkraft lässt sich das zudem sehr einfach beheben, indem man sie übertariflich oder mit dem gleichen Stundenlohn bezahlt, den man selber verdient.
Ich selbst habe mir mit dem Putzen fremder Wohnungen mein Abitur und mein Studium finanziert, das meine Mutter, die Jahrzehnte ihres Lebens Putzfrau war, nicht bezahlen konnte. Und ich war dem maoistischen Motorradhändler und dem Hausmeister eines Kulturhauses unendlich dankbar, dass sie ihre Böden, Waschbecken, Fenster und Kloschüsseln nicht selber putzten, sondern mich dafür bezahlten.
Die Debatte: Im taz-Mailverteiler fragte eine Kollegin vor einigen Tagen, ob jemand ihr eine Putzhilfe empfehlen könne. Daraufhin wurde im Verteiler und auf Konferenzen heftig darüber diskutiert, ob es Ausbeutung sei, Putzkräfte in Privathaushalten zu beschäftigen. Zwei Kolleginnen haben uns ihre Sicht geschildert.
Ich habe mit einer lateinamerikanischen Putzfrau zusammengewohnt, die selbst eine Putzfrau bezahlte, um ihre eigene Wohnung putzen zu lassen. Die diversen Diskussionen, die ich in linken WGs über das Anstellen von Putzkräften hatte, haben mich an den Linken verzweifeln lassen. Denn das Ressentiment, die Sichtweise auf die Putzfrau als niedere Arbeitskraft, steckt am Ende hinter all diesen moralisch verdrucksten Argumentationen, die alle innerhalb weniger Minuten widerlegt werden können.
Sicher, man sollte nicht sein Leben lang putzen müssen. Aber dem ein oder anderen Linken würde es nicht schaden, wenn er mal selbst für Geld putzen ginge, um sein Wissen über die Würde einer Putzkraft aufzubessern. Kurz, der Kampf für die Arbeiterklasse beginnt damit, eine Putzkraft für die eigenen vier Wände zu bezahlen.
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