Ablösung des Wehrbeauftragten Bartels: Unruhe in SPD-Fraktion
Die SPD-Politikerin Eva Högl soll auf ihren Parteikollegen Hans-Peter Bartels als Wehrbeauftragte folgen. Doch Bartels will den Job behalten.
Bartels reagierte auf diese Entscheidung mit Kritik: Die Gründe seien ihm nicht klar, kritisierte er in einem Brief an seine Genossen, der AFP vorliegt.
Bartels, der seit fünf Jahren Wehrbeauftragter des Bundestags ist, hatte wiederholt Interesse an einer weiteren Amtszeit signalisiert. In der Fraktion gab es allerdings einen einflussreichen Gegenspieler: Der Abgeordnete Johannes Kahrs hatte selbst Interesse an dem Amt bekundet.
Dass nun die Abgeordnete Högl das Amt übernehmen soll, kam auch für Verteidigungsexperten im Bundestag überraschend. Denn die Berliner Abgeordnete, die bisher für die Innen- und Rechtspolitik ist, hatte sich bislang nicht mit Bundeswehrthemen profiliert, dem Verteidigungsausschuss gehört sie nicht an.
„Affront gegen die Soldatinnen und Soldaten“
In einem Brief an die Parteifreunde, der AFP vorliegt, beschwerte sich Bartels über den Umgang mit ihm: „Das Ergebnis und die Art der Entscheidungsfindung machen mich – nach insgesamt 22 Jahren Bundestag – ein bisschen unfroh.“ Über seine geplante Ablösung schrieb er: „Wer sich davon genau was versprechen konnte, ist mir offiziell verborgen geblieben. Unsere Fraktionsspitze hielt sich bedeckt.“
Fraktionschef Mützenich ging in seinem Brief an die SPD-Abgeordneten nicht auf Bartels und die Gründe für die Ablösung ein. Mützenich wies aber auf die „langjährige parlamentarische Erfahrung und breite Expertise“ von Eva Högl hin. Sie bringe „alle Voraussetzungen“ mit, „um dieses Amt erfolgreich und wirkungsvoll auszuüben“, schrieb Mützenich in dem Brief, der AFP vorliegt.
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann wertete die geplante Ablösung von Bartels durch Högl als „Affront gegen die Soldatinnen und Soldaten“. Gegenüber AFP zog die FDP-Politikerin Högls fachliche Eignung in Zweifel. Die Bundeswehr durchlebe gerade „extrem herausfordernde Zeiten“, sagte die Liberale. „Jetzt jemanden zu nehmen, der von der Materie keine Ahnung hat, zeigt einfach, dass Herr Mützenich null Bock auf die Institution Bundeswehr hat.“
Strack-Zimmermann kritisierte auch den Stil der Personalentscheidung: Bartels sei nicht über seine Ablösung informiert worden. „Das sind menschliche Abgründe.“ Die FDP hätte eine weitere Amtszeit für ihn unterstützt. Für Högl werde ihre Fraktion nicht stimmen, sagte Strack-Zimmermann.
Bartels schrieb in dem Brief an seine Genossen, er habe „nach landläufigen Erfolgskriterien“ für seine Arbeit „sehr freundlichen Zuspruch und Unterstützung“ erhalten – etwa von den Soldaten sowie aus den Regierungs- wie Oppositionsfraktionen.
Ihm stelle sich die Frage, warum die SPD in dieser Zeit einen Personalwechsel brauche. In dem Brief spielte Bartels auch auf die Ambitionen des SPD-Politikers Kahrs an. „Bereits im November 2019 wurde mit einer bemerkenswerten haushalterischen Stellenvermehrung von außen ins Amt hineingewirkt.“
Damals hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags neue Stellen für das Büro des Wehrbeauftragten genehmigt, die dieser allerdings gar nicht beantragt hatte. Hinter dem ungewöhnlichen Manöver wurde der Haushaltsexperte Kahrs vermutet.
Die Amtszeit von Bartels läuft im Mai aus. Der Wehrbeauftragte wacht über den Zustand der Bundeswehr. Zugleich ist er Ansprechpartner für die Belange der Soldaten und wird deshalb auch als ihr Anwalt betrachtet. Das Amt ist überparteilich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?