piwik no script img

Abi, Ampel und Attila HildmannNichts geht über Bärenmarke

Die Bären sind zurück – nicht nur in Italien, sondern nun auch in Bayern. Und Nordrhein-Westfalen verschiebt wegen einer Panne die Abi-Prüfungen.

Ein Braunbär im Tierfreigelände Neuschönau, Nationalpark Bayerischer Wald Foto: Dominik Kindermann/imago

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der FC Bayern.

Und was wird besser in dieser?

Och, das kann so bleiben.

Im Trentino wurde der Bär eingefangen, der einen Jogger getötet hat. Im Landkreis Rosenheim wurden zwei Schafe von einem Bären gerissen. Wie sieht die Zukunft der flauschigen Waldbewohner im Alpenraum aus?

Nichts geht über Bärenmarke: Ein passiver Chip, wie er vielerorts für Hunde Pflicht ist, brächte allerdings noch keine Ordnung in die Bärenbude. Aktive Sender dürften Tierschutzdebatten auslösen und sind eine interessante Herausforderung für Oberförster, die hier das gute Gespräch mit dem Bären suchen müssten. Die alpine Population um Trient dankt sich einer Wiederansiedlung aus EU-Mitteln seit 1996. Inzwischen sind es rund 60 Tiere, und man vermutet, die 120 km bis Bayern schafft ein Solobär locker. Im Vergleich zu den Karpaten oder Ex-Jugoslawien eine sehr kleine Gruppe. Erst ansiedeln und dann abschießen hieße, Bären Bären aufbinden.

Die Letzte Generation hat in Berlin mit ihren groß angekündigten Blockadeaktionen begonnen. Auf Videos ist zu sehen, wie Autofahrer die Blockierenden teils rabiat angehen. Was machen Sie, wenn sich jemand vor Ihren Karren klebt?

Nach Ansicht des viralen Videos, auf dem Polizisten „Schmerzgriffe“ und Drohreden vorführen, würde ich mir eine gelassenere Reaktion zutrauen. „Wer versucht, Menschen gewaltsam von der Straße zu ziehen, macht sich strafbar“, appelliert die Berliner Polizei, bevor sie es dann selber tut. Aber es ist schwierig, mit Leuten zu diskutieren, die sich jenseits aller demokratischen Regeln für berechtigt halten, ihre Interessen durch Erpressung durchzusetzen. Ergebnis: Ich mach gar nix und ärgere mich, Auto gefahren zu sein. Was, schön paradox, ein Erfolg für die Kleber wäre.

Die Abiprüfungen in NRW mussten wegen eines Downloadfehlers verschoben werden. Wie ist es um die Digitalisierung an Schulen bestellt?

Unter der Coronaquarantäne wurde ruchbar, dass der nationale 5-Milliarden-„Digitalpakt“ ziemlich ungenutzt vor sich hin moderte. 2022 schob die NRW-Landesregierung eine „große digitale Fortbildungsoffensive“ nach. Und wiederholt die Tücke des „Pakts“: Das sind Angebote, keine Pflichten. Das zerfasert dann über Land, Kommune, einzelne Schule, hinterster Winkel des Lehrerzimmers, schade. Die Schülervertretung moniert, dass in 16 Jahren Zentralabi kein zuverlässiges digitales System installiert wurde und am Ende ein Server eines privaten Dienstleisters Schuld war. So kam es, dass Abi, Zuckerfest und Bahnstreik auf einen Tag fielen. So was kann man nicht planen.

Die Türkei hat entschieden, den rechtsextremen Verschwörungsfanatiker Attila Hildmann nicht nach Deutschland auszuliefern. Er konnte sich absetzen, weil er von einer Sympathisantin aus den Reihen der Berliner Staatsanwaltschaft vor seiner Verhaftung gewarnt wurde. Kann schon mal passieren, oder?

Hildmann soll sich schon vor der Warnung abgesetzt haben, sagt die Generalstaatsanwaltschaft. Und staunt, wen sie da so als „Systemadministratorin“ an sensibelste Daten herangelassen hat. Inzwischen überrascht die Türkei mit der Neuigkeit, er sei nun mindestens auch türkischer Staatsbürger und deshalb nicht auszuliefern. Trauriges Ende für einen Vegankoch: Da ist richtig Fleisch an der Geschichte.

Ein Expertenrat hat der Klimapolitik der Ampelregierung ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Was müsste sich ändern?

Die Zahlen sind „noch-Corona-schon-Krieg“ und deshalb im Bereich Industrie sogar deutlich glimpflicher als befürchtet. Verkehr und Gebäude aasen mit dem Gift, und die Experten warnen: Das wird man untereinander nicht ausgleichen können. Sprich: Die Ampelentscheidung, die Sektoren aufzuweichen, war die falsche zum falschen Zeitpunkt. In Summe hat Deutschland zwar sein Klimaziel 2022 erreicht. Doch künftig bräuchte es mehr, und zwar ohne Corona und Krieg. Was an sich auch für Klimagleichgültige ein Anreiz wäre.

Netflix hat seine Abopreise erhöht und will das Teilen von Passwörtern kostenpflichtig machen. Was kommt als nächstes?

Die werbefreien Abos werden teurer und liegen im Bereich der ÖR-Haushaltsgebühr – wobei ich die gern auch werbefrei bezahlen würde.

Und was machen die Borussen?

Nach dem Abpfiff ließ Stadionsprecher Norbert Dickel beim „net Radio“ noch eine Viertelstunde das Außenmikrofon offen. Man badete im mighty roar der Südtribüne. Immaterielles Kulturerbe.

Fragen: Tim Döpke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!