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Abgeordneten-Einkünfte in NRWEin bisschen Transparenz

Rot-Grün in NRW will, dass Abgeordnete Nebeneinkünfte auf den Cent genau nennen. In allen Parteien gibt es Bedenken – selbst bei den Piraten.

Na, wer verdient wieviel? Bild: dpa

BOCHUM taz | Aufgeschreckt von der Diskussion über die Nebeneinkünfte des designierten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück fordert Rot-Grün auch in Nordrhein-Westfalen mehr Transparenz bei den zusätzlichen Einkünften der Abgeordneten. „Wir veröffentlichen schon seit 2005 jeden Cent“, trommelt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Sigrid Beer.

Nachzulesen ist deshalb, dass etwa der Grüne Agrarexperte Norwich Rüße als Nebenerwerbsbauer jährlich 6.000 Euro hinzuverdient. Der grüne Abgeordnete Horst Becker dagegen kassiert neben seiner Diät von 10.726 Euro monatlich außerdem knapp 70.000 Euro im Jahr für seine Tätigkeit als Parlamentarischer Staatssekretär im NRW-Umweltministerium – und rund 13.500 Euro für Sitzungen in „Gremien der Kreissparkasse Köln“.

Mit ihrer Offenheit machen die Grünen Druck auch auf den sozialdemokratischen Koalitionspartner: „Die SPD-Bundestagsfraktion hat mit ihrer Forderung, ab dem ersten Euro zu veröffentlichen, die Latte hoch gelegt. Dahinter kann man schlecht zurückbleiben“, mahnt der Vorsitzende der Sozialdemokraten im Düsseldorfer Landtag, Norbert Römer, seine FraktionskollegInnen.

Denn unter denen gibt es wie bei der CDU, der FDP und selbst bei den Piraten Bedenkenträger: Die wollen verhindern, dass etwa Rechtsanwälte oder Steuerberater mit Landtagsmandat offenlegen müssen, welcher ihrer Mandanten wie viel für welche Beratung zahlt – schließlich könnten die auch die Kanzlei wechseln. Selbst Abgeordnete, die kleine Handwerksbetriebe besitzen, seien gefährdet, glaubt etwa CDU-Fraktionsgeschäftsführer Lutz Lienenkämper: „Stellen Sie sich vor, jemand gibt besonders niedrige Nebeneinkünfte an – dann weiß die Konkurrenz doch, dass es im Betrieb schlecht läuft.“

Transparenz gegen Datenschutz

Ähnlich klingt selbst sein Pendant Michele Marsching von den Piraten. Zwar existiere eine „Maximalforderung“ der vier Landtagsfraktionen seiner Partei, sämtliche Einkünfte der Abgeordneten zu veröffentlichen, räumt der selbstständige Softwareentwickler ein. Trotzdem sieht Marsching Probleme etwa für Abgeordnete, die zusammen mit einem Partner ein Unternehmen führen: „Wenn ich meine Daten veröffentliche, mache ich auch die meines Partners öffentlich“, sagt der Exlandesparteichef und warnt: „Es gibt ein öffentliches Interesse, Nebeneinkünfte von Politikern transparent zu machen – und berechtigten Datenschutzinteressen Dritter.“

In NRW gelten deshalb bisher äußerst lasche Regeln: Die BürgerInnen haben kein Recht zu erfahren, welcheR Abgeordnete wie viel Geld aus Nebentätigkeiten erhält. Die müssen zwar ab einer Höhe von 12.000 Euro der Landtagspräsidentin angezeigt werden – veröffentlicht werden sie aber nicht. Damit falle NRW „noch hinter Berlin zurück“, findet auch SPD-Fraktionsgeschäftsführer Marc Herter. Im Bundestag muss in einem dreistufigen Modell grob erläutert werden, ob und aus welchen Quellen Geld geflossen ist.

Immerhin: Alle Landtagsfraktionen stimmen prinzipiell darüber ein, einen Gutachter zu beauftragen, der die Grenzen zwischen Transparenz und Datenschutz ausloten soll. Zwar könnten SPD und Grüne einer Verschärfung der Verhaltensregeln mit ihrer absoluten Mehrheit allein durchsetzen, suchen aber den Konsens aller Parlamentarier. Rot-Grün denkt an den Juristen Martin Morlok. Doch den Segen von CDU und FDP hat dieser Düsseldorfer Parteienkritiker noch nicht.

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7 Kommentare

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  • I
    icke

    @Jan:

    Das du damit massiv Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst und Beamte bevorzugst, ist schon klar, oder? In der so genannten "Privatwirtschaft" wird es schwer, sonst wieder zurück in den Job zu kommen. Die Frage der Konsequenz solltest du auch mal stellen.

     

    Fragestellungen im Rechts-, Innen- oder Petitionsausschuss ohne Juristen? Verkehr ohne Menschen die Ahnung von Logistik oder der Bauwirtschaft haben? Wohnungsbau? Sportausschuss? Wissenschaftsausschuss? Bildung? ... Wer soll das machen und welche Kompetenzen soll diese Person mitbringen?

     

    Oder soll das auf die hinteren Bänke verlagert werden? Statt dem gewählten Politiker also noch mehr "Referentenentwürfe"? Anträge noch mehr von spezialisierten Externen, weil die Gewählten halt nicht in den Bereichen kompetent sind?

     

    Und nein, die meisten Jobs erlauben es halt nicht so einfach, wieder nach 4 oder 8 Jahren zurück zu gehen und da weiter zu machen, wo man aufgehört hat. Genau das ist aber der Grund, warum es weiterhin Nebentätigkeiten geben soll. Um reine Berufspolitiker zu verhindern, die vor Wahlzeiten plötzlich populistisch Dinge einbringen, die sonst "zu teuer" wären... Das würde die aktuelle Lage nur verstärken.

  • I
    icke

    "centgenaue Einnahmen"

     

    Hm. Wofür? Was passiert, wenn der genaue Cent nicht stimmt? Wozu soll das dienen? Wann soll veröffentlicht werden? Rechnungsstellung oder Buchung? Wie siehts mit Kosten aus? Wie mit durchgeleiteten Posten? Was ist mit Nebenkosten? Darf ich mehrere Kontakte mit 1 Kunden in 1 Monat summieren (5x20€) oder darf ich sie ggf. trennen und damit schon irgendwie verschleiern (5x2.000)? Es gibt eine ganze Menge fragen, die da mit dran hängen und in denen solch vereinfachte Darstellung nicht hilft.

     

    Bsp.: Wenn Steinbrück eine Rede hält, bekommt er so ca.15.000 oder 25.000 €. Sind da jetzt Reisekosten und Hotelkosten inklusive? Laufen die extra? Fährt er gleich wieder zurück? Und spielt das eine Rolle? Was ist, wenn der Hotelier das Zimmer kostenfrei abgibt? Ansonsten dürfte er beispielsweise kaum Nebenkosten haben, außer eventuell ein paar Blatt Papier. (Außer man rechnet Anteilig seine Kleidungskosten ab...)

     

    Wie siehts mit einem Handwerker aus, dessen Firma ihm wieterhin Gehalt zahlt bzw. wo er Geld aus den Gewinnen entnimmt, aber durchaus auch Kosten hat. Der Klempner seine Rohre, der Tischler sein Holz usw. Alle irgendwie Miete o.ä. Zählt da nur die Einnahme, der Gewinn oder die Einnahme minus Ausgabe?

     

    Oder was ist, wenn ich € 200,13 angebe, aber es waren doch € 200,12. Muss ich dann das Mandat wegen Falschinformation niederlegen? Macht das einen Unterschied? Macht es bei 20.000 vs. 21.000 einen Unterschied? Wo ist da ggf. die Grenze?

     

    Im Prinzip stimme ich der Veröffentlichung völlig zu, aber wo sind die Grenzen und vor allem: Was ist das Ziel? Wenn das System schon in der Grundversion gehackt werden kann bzw. gehackt ist, sollte man es nochmal überdenken...

  • P
    pressewolf

    Sicher ist wichtig, dass endlich zu mindestens die Nebeneinkünfte als Teil der Gesamteinkünfte veröffentlicht werden. Hier ist wesentlich mehr Transparenz notwendig, als dies bislang praktiziert wird, vor allem auch sollte veröffentlicht für wen diese Tätigkeit erfolgt ist oder mindestens aus welcher Branche die Einnahmen stammen - im Rahmen des Mandatenschutzes natürlich.

     

    Aber die Diskussion führt meines Erachtens doch an einem ebenso wichtigen Thema vorbei. Die Finanzen und Beteiligungen aller wesentlich am politischen Entscheidungsprozess Beteiligten müssen offen gelegt werden, also auch der vor Gremien, den Parlamente und deren Ausschüssen aussagenden Fachleute. Auch die Parteienfinanzierung einschließlich der Finanzierung aller Parteiveranstaltungen müssen transparent gemacht werden und gehören gegebenenfalls auf den Prüfstand.

     

    Vor allem letztere Aspekt gerät zur Zeit völlig aus dem Blickfeld. Viel zu selbstverständlich finanzieren Firmen Parteiveranstaltungen, dies halte ich für sehr problematisch.

  • NS
    Nils Sautter

    Eine ganze Reihe interessanter Transparenz-Artikel, die etwas weiter führen als die bisherige Diskussion: http://pir.at/transparenzfeld

  • N
    Naka

    Wenn ich wissen will, ob die Auftragslage eines Handwerkers schlecht ist, dann schaue ich auf seinen Hof/in seine Werkstatt und sehe die dortigen Materiallieferungen/Arbeitstätigkeit. Oder ich frage Nachbarn usw. Da bekomme ich zwar auch keine centgenaue Ansage, aber einen Eindruck des Wirtschaftsablaufs, ohne auch nur einen Blick in die Nebeneinkünfte zu werfen.

     

    Und Anwälte sollen halt wenigstens die Branchen ihrer Mandanten öffentlich und die Namen dann halt unter Verschluss angeben, damit im Verdachtsfalle von Einflussnahme und Korruption das ganze nachvollziehen kann.

     

    Wenn ein Gesundheitspolitiker massenweise Geld von der Pharmaindustrie bekommt, brauche ich nichtmal die Firmen, da ist die Branche schon aussagekräftig.

  • J
    Jan

    Welch eine Aussage!

    "„Stellen Sie sich vor, jemand gibt besonders niedrige Nebeneinkünfte an – dann weiß die Konkurrenz doch, dass es im Betrieb schlecht läuft.“ "

    Ich finde von über 10000 Euro im Monat lässt es sich prima leben, deshalb sind es Argumente wie diese, die nur eine einzige Möglichkeit offenlassen:

    VERBOT jedweder Nebentätigkeit! Die repräsentative Demokratie ist KEINE Halbtagsstelle, das sollten die Abgeordneten langsam einmal kapieren!

    Besonders wenn es Umfragen über den ESM gibt und keiner der Parlamentarier eine fundierte Aussage dazu machen kann, dann ist dies ein eindrucksvolles Zeugnis genau dafür! Ich will endlich PROFIS in der Politik!

  • JE
    Janis Ehling

    Ich finde, die Bürger_innen haben ein Recht darauf zu erfahren, wie viel ihre Abgeordneten verdienen. Die Bedenken der Abgeordneten stehen hinter dem Interesse der Bürger_innen an.

     

    Die Abgeordneten sollen sich auf ihren Job konzentrieren und keinen Nebentätigkeiten nachgehen, wenn sie es doch tun, sollen die Bürger_innen erfahren, was sie tun und wie viel sie dafür bekommen.

     

    Die Bürgerinnen und Bürgern können so ermessen, welchen Interessen die Abgeordneten nachgehen.

     

    Als Abgeordnete/r ist man öffentliche Person, dass sollte auch für die Finanzen gelten (auch wenn in Deutschland über nichts weniger gern geredet wird als das Gehalt).

     

    Transparenzgesetze würden die Demokratie stärken - also her damit!