Abgabestelle für Piraten gesucht: Anti-Piraten-Einsatz ahoi!
Mit großer Mehrheit stimmte der Bundestag für den Bundeswehreinsatz am Horn von Afrika. Doch Grüne und FDP fürchten, dass die Deutsche Marine Piraten lieber laufen lassen wird.
BERLIN taz Der Bundestag hat am Freitag dem bereits angelaufenen Einsatz der Bundeswehr in der EU-Mission "Atalanta" zugestimmt. Damit darf die Fregatte "Karlsruhe" ab sofort im Golf von Aden Piraten bekämpfen. Auch deutsche Kriegsschiffe, die etwa für die Antiterrormission "Operation Enduring Freedom" im Golf von Aden kreuzen, können sich beteiligen.
In der morgendlichen Debatte befanden alle Fraktionen inklusive der Linken einerseits, dass gegen die Piraterie vor Somalia etwas unternommen werden müsse. Doch betonten die meisten Redner auch, dass Deutschland mehr gegen die katastrophalen Zustände in Somalia tun müsse. Armut und Gesetzlosigkeit haben dort den Aufstieg der Piraterie begünstigt.
Der Linke Paul Schäfer begründete das Nein seiner Fraktion zu Atalanta vor allem damit, dass Kriminalitätsbekämpfung polizeiliche und nicht militärische Aufgabe sei. Man hätte mindestens versuchen müssen, eine somalische Küstenwache mit bundespolizeilicher Unterstützung zu schaffen. "Beklemmend finde ich, dass diese Lösung noch nicht einmal in Erwägung gezogen wurde", sagte Schäfer.
Von den Grünen stimmten 35 Abgeordnete mit Ja, aber vierzehn auch mit Nein oder Enthaltung. Eine Gruppe um Christian Ströbele und Winfried Hermann erklärte ihre Nicht-Zustimmung damit, dass es zu unsicher sei, ob aus dem See-Einsatz nicht bald ein Land-Einsatz werde. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte Dienstag beschlossen, dass mit Genehmigung der somalischen "Regierung" Piraten auch zu Land bekämpft werden können - was die Bundesregierung bislang aber ausschließt.
Zwar gibt es laut Regierung "intensive Gespräche" der EU mit Kenia, dass von Atalanta-Soldaten gefangenen Piraten dort der Prozess gemacht werden kann. Doch solange unklar ist, was mit eingesammelten Piraten zu geschehen hat, gehen nicht nur FDP und Grüne davon aus, dass die Deutsche Marine sich möglichst aufs Abschrecken beschränken wird, statt sich eine Ladung internationaler Rechtsprobleme an Bord zu holen.
CDU-Politiker hatten bereits die Befürchtung geäußert, dass Somalier in Deutschland Asyl beantragen könnten, wenn sie hier vor Gericht kämen. Der Grüne Trittin griff die CDU im Bundestag darum scharf an: "Sie scheinen eher gewillt zu sein, Schwerverbrecher laufen zu lassen, als sie einem ordentlichen Gerichtsverfahren zuzuführen", rief er in ein lautes "Oho" hinein.
Auch die FDP-Politikerin Birgit Homburger sagte: "Es geht hier nicht nur darum, Piraten zu verjagen, sondern darum, Piraten zu jagen." UWI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“