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Abdel-Rahman will nach Afghanistan

■ Abschiebung des Sheikhs aus den USA – aber wohin?

Berlin (taz/dpa/AP/wps) – Er gehört zu den Lieblingsfeinden der Regierungen in Washington und Kairo, aber offenbar will niemand seiner habhaft werden: Der in den USA lebende ägyptische Sheikh Omar Abdel-Rahman wurde Anfang Juli mit großem Getöse von den US-Behörden verhaftet, zugleich beantragte die ägyptische Regierung seine Auslieferung. Seither wurde es ruhiger um den blinden Sheikh, den vor allem ägyptische Islamisten als geistiges Oberhaupt verehren.

Gestern teilten seine Anwälte jedoch mit, daß ihr Mandant nach Afghanistan abgeschoben werden möchte. Kaum wurde diese neue Wende bekannt, hieß es aus Kabul, die afghanische Regierung sei über eine Aufnahme von Abdel-Rahman „gespalten“. Premier Hekmatyar sei dafür, Präsident Rabbani dagegen.

Sicher ranken sich derzeit nur um wenige Personen so viele Gerüchte wegen „terroristischer Umtriebe“, wie um Abdel-Rahman, während die konkreten Anhaltspunkte, mit denen die Strafverfolgungsbehörden aufwarten können, eher vage blieben. Im ägyptischen Fayum wurde er 1988 wegen „Aufwiegelung zur Gewalt“ angeklagt. Das Verfahren wurde mangels Beweisen eingestellt und erst in diesem Frühjahr auf Drängen der Regierung wiederaufgenommen. In den USA wird Abdel- Rahman verdächtigt, zu den „Drahtziehern“ der Bombenanschläge auf das World-Trade-Center, das UN-Hauptquartier und den Sitz des FBI in New York zu gehören. Ermittelt wird aber lediglich gegen Mitglieder der islamischen Gemeinde des Geistlichen. Ihn selbst nahmen die US-Behörden im Juli nur in Abschiebehaft: Begründung: Einreise mit falschen Papieren. Zu mehr reichen die Verdachtsmomente in den USA offensichtlich nicht aus – oder die Behörden wollen Abdel-Rahman schon aus anderen Gründen keinen Prozeß machen. Dafür spricht, daß der Sheikh zur Zeit der sowjetischen Besatzung Afghanistans dem US-Geheimdienst unter anderem als Mittelsmann zu den Mudschaheddin diente, die damals von den USA massiv unterstützt wurden. (Siehe taz vom 6.7.93)

Der ägyptische Auslieferungsantrag sollte den USA offenbar helfen, sich den unliebsamen „Khomeini aus New Jersey“ vom Halse zu schaffen, wie ihn die US- Medien jetzt nennen. Er weiß zuviel. Doch entbehrte der Antrag jeglicher Rechtsgrundlage: Über das Fehlen eines ägyptisch-amerikanischen Auslieferungsabkommens könnten sich Kairo und Washington zur Not noch hinwegsetzen, wie frühere Fälle zeigen. Doch wurde der Antrag aus Kairo mit Vorwürfen wie „Aufruhr“ begründet, die im US-Strafgesetzbuch nicht vorgesehen sind. Die USA müßten folglich mit der Auslieferung an Ägypten gegen amerikanisches Recht verstoßen, wenn Kairo den Antrag nicht „nachbessert“.

Offenbar war der Antrag aus Ägypten ein unausgegorener Kompromiß zwischen Vertretern einer harten Linie gegen die islamistische Bewegung, die Abdel-Rahman unbedingt den Prozeß machen wollen, und Befürwortern eines moderateren Kurses, die im Falle seiner Rückkehr einen Aufruhr fürchten. Letztere könnten durch den Anschlag auf den ägyptischen Innenminister vom Mittwoch weiter in die Defensive geraten. N.C.

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