: Abbau in Irlands Gesundheitswesen
■ 25.000 Iren demonstrieren in Dublin gegen die dramatische Stellenreduzierung im Gesundheitssektor / Parlamentarische Opposition zerbrach / Regierung drohte mit Neuwahlen
Aus Dublin Ralf Sotscheck
„Kürzungen des Gesundheitsetats treffen die Alten, Kranken und Behinderten!“ Mit Transparenten und Gewerkschaftsplakaten bewaffnet demonstrierten am Mittwoch 25.000 Iren gegen den Abbau des Gesundheitswesens in Dublin. Aus Protest gegen den Versuch der neugewählten Regierung, die zerrütteten Staatsfinanzen auf Kosten der Alten und Kranken zu sanieren, hatte der irische Gewerkschaftsdachverband zu einem Generalstreik aufgerufen. Der drohende Verlust des Arbeitsplatzes ließ vor allem Krankenschwestern und Pfleger auf die Straßen gehen. „Wie lange ich meinen Job noch haben werde, weiß ich nicht.“ Mary Quinn ist Krankenschwester in der irischen Grafschaft Cork. „Unser Krankenhaus ist eines derjenigen, die geschlossen werden sollen.“ Die Chancen, eine neue Stelle zu finden, sind gleich null, erklärt sie. Deshalb haben Mary und ihre 10.500 Kolleginnen letzte Woche bei der Urabstimmung mit Zweidrittel– Mehrheit für den Streik gestimmt. Doch Regierungschef Haughey ist so stur wie seine britische Amtskollegin. Während die Demonstranten am Parlamentsgebäude vorbeizogen, stimmten drinnen über hundert Abgeordnete für die Kürzungen im Gesundheitsetat. Die Oppositionsparteien hatten zwar beschlossen, gegen den Plan der Minderheitsregierung zu stimmen, doch als Haughey mit Neuwahlen drohte, brach die Front der Kürzungsgegner auseinander. Die Abgeordneten der größten Oppositionspartei enthielten sich der Stimme. Die Liste der Dienste, die den Sparmaßnahmen zum Opfer fallen, ist lang. Da die Gesundheitsbehörden 20 Prozent weniger Geld zur Verfügung haben werden als im Vorjahr, wird der Rotstift zuerst beim Pflegepersonal angesetzt. 3.000 Stellen sollen abgebaut werden. Ganze Abteilungen und Krankenhäuser müssen geschlossen werden. An der Westküste Irlands wurde bereits die Schwangerschaftsabteilung der weit und breit einzigen Klinik geschlossen, so daß die Frauen in das 100 Kilometer entfernte Limerick fahren müssen. Eine andere Gruppe, die von der Streichung der kostenlosen Sonderleistungen betroffen sein werden, sind Eltern behinderter Kinder.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen