AUSLÄNDISCHE PFLEGERINNEN DÜRFEN ENDLICH LEGAL ARBEITEN: Das Ende zweier Heucheleien
Arbeitsminister Walter Riester will endlich das Beschäftigungsverbot für ausländische Hilfspflegekräfte in Haushalten lockern – zu Recht. Denn längst heuern in Deutschland viele Familien Polinnen oder Tschechinnen an, um hilfsbedürftige Alte zu versorgen. Solche privat bezahlten Kräfte unterstützen pflegende Angehörige, meist sind sie nur mit einem Touristenvisum ausgestattet und arbeiten schwarz. Der Bedarf ist da, das Angebot ist da, also hat sich hier ähnlich wie bei den privaten Tagesmüttern längst ein Schwarzmarkt entwickelt. Diesen Markt zu verteufeln war und ist Heuchelei.
Es ist nur ein fälliger Schritt von Riester, diesen Leuten die Chance zu eröffnen, den Job zu legalisieren. Ob das dann auch wirklich geschieht und die privaten Arbeitgeber die hohen Sozialversicherungsbeiträge zahlen, ist eine andere Frage. Aber immerhin, die Möglichkeit wäre da.
Aufgeräumt wird aber auch noch mit einer zweiten Heuchelei, und das ist politisch vielleicht sogar bedeutsamer: Riester erteilt der alten Idee von CDU-Sozialminister Norbert Blüm eine Absage, dass deutsche Arbeitslose in deutschen Privathaushalten als Hilfspflegekräfte arbeiten könnten. Die Rechnung sah damals so aus: Hier ist ein Bedarf an Pflegekräften und dort sind die vielen Arbeitslosen und jetzt schrauben wir beides zusammen, mit dem Schmiermittel von ein bisschen Subvention, und schon wird alles gut. Damit wurde unterstellt, dass deutsche Langzeitarbeitslose in jedem Fall noch für Hilfs- oder Pflegetätigkeiten an Menschen geeignet sind. Dies ist aber nicht der Fall, denn Jobs von Haut zu Haut erfordern buchstäblich Fingerspitzengefühl und ein Mindestmaß an Motivation. Ein 50-jähriger arbeitsloser Hilfsmaurer ist dafür nun mal nicht der Richtige.
Riester gesteht mit seinem Vorstoß ein, dass die Grenzen längst offener sind, als viele wahrhaben wollen. Und dass es beim Arbeitsmarkt nicht um Milchmädchenrechnungen, sondern immer um die Menschen geht. Dies einzuräumen kann nur gut sein. BARBARA DRIBBUSCH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen