piwik no script img

AUSFLUG ZUR BEWAG

Der Lotse kam, da gingen seine Mitarbeiter von Bord. Als Umweltsenator Starnick am Dienstag um halb drei Uhr an der Anlegestelle Tegel zustieg, da verließen – so schätzen es Teilnehmer – zwei Drittel der 400 Kollegen den Kanaldampfer, den die Umweltbehörde für den diesjährigen Betriebsausflug gechartert hatte. „Das kommt als Arroganz an. Vetter, dem Vorgänger von Starnick, wäre das nicht passiert“, meckerten viele der Senats-Umweltschützer.

So aber bekam Starnick auch nicht mehr die anderen Klagen mit, die in seiner Behörde über das Ausflugsziel kursierten. Der Dampferfahrt nämlich war ein Besuch bei einer Gesellschaft vorangegangen, die bisher nicht zu den Vorkämpfern des Umweltschutzes in der Stadt zählte: der Energieversorgerin Bewag. „Unglücklich“ fanden viele von Starnicks Untergebenen diese Wahl.

Lehrreich soll die Führung durch das neue Kraftwerk Reuter –West dennoch gewesen sein. Die Bewag-Referenten bestätigten all die Vorurteile – so ist zu hören –'die Umweltschützer immer schon über die Aktiengesellschaft hegten. Da klagten Bewag-Führer über drückende Umweltauflagen und hielten gewinnorientierte Reden. Hinter dem Stromverbund mit dem westdeutschen Konzern PreußenElektra stünden dessen atomare Überkapazitäten, räumten die Bewag-Angestellten freimütig ein, deshalb seien die Strom-Importe so günstig für die Bewag. Vier Pfennig habe man für die Kilowattstunde nur zu zahlen, weniger als für den selbst produzierten Strom. Kumpelhaft äußerten sie sich auch über Importe aus dem Osten: die Bewag-Kohle komme ja teilweise aus Polen – „oder besser gesagt Schlesien“.

Widersprechen konnten die Senatsmitarbeiter nicht. Die losen Reden erreichten sie über Kopfhörer, anders wäre im Lärm des Kraftwerks nichts zu verstehen gewesen. Mit Kopfhörer manchmal auch nicht: „Meiner hat immer so gerauscht“, beklagte ein Starnick-Untergebener. Sicher Technik aus dem Osten!

hmt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen