ARD-Thriller "Schlaflos": "Ganz schlecht gespielt, Mama!"
Ein bisschen sie selbst: Als Thrillerdiva sucht Senta Berger "Schlaflos" nach der Wahrheit (20.15 Uhr, ARD).
Als alternde Filmdiva muss man nach jeder Möglichkeit der Publicity greifen. Besonders dann, wenn man, schuldig oder nicht, zwölf Jahre wegen Mordes im Gefängnis saß. Für ein paar Monate ist bei Carla Sagmeister (Senta Berger) noch Geld in der Kasse, danach sieht es schlecht aus. Also hat ihr Anwalt ein paar Verdienstmöglichkeiten aufgetan: "Homestory bei Galant, Talkshow im Dritten, Biografie schreiben."
Aber Sagmeister hat keine Ambitionen, ihren Lebensabend als öffentlich-rechtliche Version der RTL-Dschungelcampkönigin Ingrid van Bergen zu verbringen. Immerhin gilt es noch, das Verbrechen aufzuklären, das man ihr angehängt hat. Der Forensiker Dr. Borchert (August Zirner) ist die letzte Hoffnung des Exstars. Als Indiziengutachter war er einst dafür verantwortlich, dass man Sagmeister wegen Totschlags an ihrem Lebensgefährten verurteilte. Tatsächlich lässt sich aber mit der neuesten Technik ihre Unschuld beweisen. Dafür fällt der Verdacht jetzt auf einen Menschen, der dem Justizopfer sehr nahe steht: die eigene Tochter (Caroline Peters).
Der Plot dieses kleinen familiären Suspense-Dramas (Buch: Norbert Ehry) ist überschaubar und wird, so viel darf man verraten, nicht mal besonders waghalsig aufgelöst. Hitchcock für den Hausgebrauch sozusagen. Bemerkenswert ist allerdings, wie Regisseurin Isabell Kleefeld ihre Heldin in einem Raum der Vermutungen und Verdächtigungen in Bewegung hält. Kleefeld hatte mit Senta Berger schon die beste Folge der ZDF-Ermittlerinnenreihe "Unter Verdacht" gedreht, jenem ansonsten so possierlichen Korruptionskrimi, der sich unter ihrer Aufsicht zu einem zutiefst verstörenden Verschwörungsthriller verwandelte.
In "Schlaflos" lässt die Filmemacherin die Hauptfigur gegen ihr Opfersein ankämpfen, ohne sie zur Märtyrerin zu stilisieren. Müde bewirbt sich die Sagmeister in einem Synchronstudio - "Ich mache alles außer Pornos" - und geht in einem Moment mürrisch gegen die Zumutungen an, der eine alternde Unterhaltungskünstlerin auf dem Boulevard ausgesetzt ist, um im anderen eine leicht selbstverliebte Eleganz an den Tag zu legen.
Dabei instrumentalisiert Kleefeld, die sich schon in preisgekrönten Dramen wie "Königskinder" oder "Arnies Welt" als subtile Schauspielführerin bewies, geschickt die nicht unerhebliche Eitelkeit der realen Diva Berger und lässt sie ihre Figur als Gefangene zwischen koketter Performance und kompromissloser Wahrheitssuche auftreten. Der beste Moment des Thrillers ist der, als die Mutter voller Inbrunst vor der Tochter ihre Unschuld beteuert, die aber nur ungerührt erwidert: "Ganz schlecht gespielt, Mama!" Die ganze Tragik einer Familie, hier liegt sie in einem Satz.
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