ARD-Mittwochsfilm über Kriegsheimkehrer: Psychische Kollateralschäden
Die ARD entdeckt im Mittwochsfilm "Bloch - Tod eines Freundes" endgültig das Thema Afghanistan-Krieg. Ein Heimkehrer zerbricht darin an seinen Erlebnissen am Hindukusch.
Die Geschichte kommt einem seltsam bekannt vor: Da kehrt einer heim aus dem Krieg und ist unfähig, zurück in den Alltag zu finden. Spätestens mit Wolfgang Borcherts Drama "Draußen vor der Tür" hat sich dieser Topos im deutschsprachigen Kulturraum der Nachkriegszeit etabliert. Zwischenzeitlich kannte man Kriegs-Heimkehrer-Geschichten hauptsächlich aus Hollywood. In Filmen wie "Geboren am 4. Juli" zerbrechen die Protagonisten, erschüttert von ihren Erlebnissen in Vietnam, an der Rückkehr in ihr altes Leben.
Nun aber scheinen auch die Fernseh-Fiktionäre der ARD auf die psychischen Spätfolgen des Krieges als Leitmotiv aufmerksam geworden zu sein. Statt dem Zweiten Weltkrieg ist der von offizieller Seite nur zaghaft als "Krieg" bezeichnete Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch Thema dieser Filme. Im April zeigte das Erste nach zweifacher Verschiebung des Sendetermins Andreas Senns "Wilkommen zuhause". Darin überlebt der Soldat Ben nur knapp einen Bombenanschlag im Afghanistan-Einsatz und muss tatenlos zusehen, wie ein befreundeter Kamerad in seinen Armen verblutet. Zurück in der pfälzischen Heimat kann Ben das Erlebte nicht verarbeiten und wird sich selbst und seiner Umgebung immer mehr zum Fremden. Erst als sich Ben der Ärtzin Lona anvertraut, beginnt er das Trauma zu bewältigen. Ähnlich geht es auch dem Gefreiten David in der mit dem Nachwuchspreis "First Steps" gekrönten SWR-Produktion "Nacht vor Augen" von Brigitte Maria Bertele, die bisher noch nicht ausgestrahlt wurde. Ihm wird die Enge der dörflichen Heimat nach der Rückkehr aus Kabul unerträglich.
Erstaunlich nahe an Bens Schicksal in "Willkommen zuhause" liegt auch das des Protagonisten Frank (Jochen Nickel) in "Tod eines Freundes", dem nunmehr 16. Fall des Psychologen Maximilian Bloch (Dieter Pfaff). Auch Frank kehrt zurück vom Waffengang am Hindukusch, wo er mit ansehen musste, wie sein bester Freund Richard bei einem Hinterhalt tödlich verwundet wurde. Die Schuld, die sich der Familienvater am Tod des Kameraden gibt, entrückt ihn aus der realen Welt und versetzt den Ex-Soldaten in völlige Apathie. Aber anders als die beiden Anfang 20-jährigen Rückkehrer Ben und David ist Frank bereits Mitte 40, was seinem Zustand eine bedrückende Endgültigkeit verleiht.
Wie schon im vieldiskutierten Gewaltdrama "Wut" (2006) inszeniert der Deutsch-Türke Züli Aladag in "Tod eines Freundes" eine tief beklemmende Stille. Der Zuschauer spürt die Leere und Einsamkeit des Veteranen, der immer stärker zur Belastung für seine Frau Judith (Kirsten Block) und Tochter Tina (Alice Dwyer) wird. Bloch soll als Therapeut den seelischen Erschütterungen Franks auf den Grund gehen und fördert im Stile eines Kriminalisten die verdrängten Details des tödlichen Anschlags zu Tage. Nur so kann Frank das posttraumatische Belastungssyndrom überwinden und weiterleben.
Mit "Tod eines Freundes" entdeckt die ARD endgültig Afghanistan. Stammten verstörende Heimkehrer-Erzählungen in Deutschland zumeist von Weltkriegskindern, wird es nun Zeit, im Zuge des deutschen Einsatzes am Hindukusch das neuerliche Bedürfnis an derartigen Geschichten zu bedienen. Hierfür scheint sich die Form der Fiktion besonders zu eignen. Der neue Bloch-Fall ist dafür ein weiteres Beispiel.
20.15 Uhr, ARD, "Bloch - Tod eines Freundes"; Drama D 2009, Regie: Züli Aladag; Darsteller: Dieter Pfaff, Jochen Nickel, Alice Dwyer
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