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ARD Film „Bloch – Heißkalte Seele“Der Empathiker

In „Bloch - Heißkalte Seele“ kümmert sich der Psychotherapeut Maximilian Bloch um die Seelen der Menschen.

Dieter Pfaff spielt den Psychotherapeut Maximilian Bloch. Bild: dpa

Ein verzweifelter Mensch sitzt bei Bloch auf dem Sofa und fleht beinahe: „Sie braucht einen Menschen. Einen, dem sie vertrauen kann.“ „Und da sind Sie auf mich gekommen.“ Bloch stellt das fest, ohne Fragezeichen. Er weiß, was er kann. Wie der Schauspieler Dieter Pfaff. Der seine Rollen inzwischen nicht mehr spielt, sondern verkörpert.

Sich auf den gewichtigen Leib schreiben lässt. Etwa von Thorsten Näter den „Dicken“, den Rechtsanwalt der Hamburger Underdogs. Oder von Rolf Basedow und Dominik Graf den „Sperling“, den weisen Berliner Kommissar mit Hut. Pfaffs Rollen ähneln sich alle sehr. Immer sind es manchmal etwas schroff auftretende, im Grunde aber doch sanft in sich ruhende Buddha-Typen. Empathiker. Instinktmenschen.

Vor Kurzem wurde Dieter Pfaffs Krebserkrankung öffentlich. Sein „Bloch“ kümmert sich um Erkrankungen der Seele. Um Leben und Tod, ums ganz große Existenzielle geht es trotzdem immer. Wie in einem Krimi. Die Sache mit der Krimi-Dramaturgie. Das rein kammerspielartige Abfilmen von Psychotherapeuten-Sitzungen hat sich erst die israelische Serie „BeTipul“ getraut.

Man kann das konsequent finden, in Zeiten, in denen küchenpsychologisierende Krimis das Fernsehen überschwemmen: einen Psycho-Doktor zum Protagonisten zu machen. Einen, der nach den psychosozialen Ursachen einer Erkrankung fahndet, der traumatische Ereignisse in der Vergangenheit seiner Patienten recherchiert und so die richtige Therapie ermittelt. Fall gelöst. Die schlechteren „Bloch“-Episoden sind Lehrstücke nach diesem Muster.

„Die richtige Therapie gibt es nicht.“

Auffällig ist, wie sich der heutige „Bloch“ davon distanzieren will. Er lässt Bloch sagen: „Die richtige Therapie gibt es nicht.“ Regisseur Michael Verhoeven ist gelernter Mediziner. Bloch sagt auch: „Nach dem heutigen Stand der Forschung ist sie chronisch krank. Das heißt, nur eine genaue Medikation, in Begleitung einer Psychotherapie, kann ihr helfen.“

„Sie“, das ist Rieke, deren manische Depression Bloch schnell diagnostiziert hat, inklusive der traumatischen Ursachen – früher Tod der Mutter, Wegzug aus dem geliebten Kanada. Diese Ursachen werden aber nicht überstrapaziert, abgesehen von ein paar eher albernen Rückblenden.

Der verzweifelte Mensch, der Bloch um Hilfe bittet, ist Riekes Freund. Rieke hat zwei Suizidversuche hinter sich. Das Problem, das Bloch lösen muss, ist, dass Rieke ihre Krankheit, seine Hilfe annehmen muss. Bevor sie sich umbringt.

Zur „Bloch“-Rezeptur gehört das Duell-Prinzip. Dieter Pfaff wird als Patient ein anderes, brillierendes Schauspieler-Dickschiff gegenübergestellt. Heute ist es die hochgelobte Katharina Schüttler, deren Rieke-Darstellung allein den Film zu einem Highlight macht. Morgens aufstehen, abends Schlafen gehen. Sie kann nicht so sein wie alle. Sie malt die Wände rosa an, wickelt ihre Tochter in Lichterketten, hat Heißhunger auf Nusscroissants – und ihren Pfleger.

Der Film „Bloch - Heißkalte Seele“ läuft am Mittwoch um 20.15 Uhr im Ersten.

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4 Kommentare

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  • BF
    Bärbel Friedrich

    Ich bin froh, dass man endlich so schwierige Probleme öffentlich behandelt. Der für Laien sehr komplizierte Stoff -bipolare Krankheit- wird sehr gut umgesetzt. In Wirklichkeit ist jedoch alles noch sehr viel schlimmer, besonders für die Angehörigen, denn es gibt keinen "Bloch" und nur wenige versuchen zu verstehen. Viele Bekannte und Freunde wenden sich ab. Schade, sie werden sich diesen Film auch nicht angesehen haben. Trotzdem, oder gerade deshalb, ein grosses Dankeschön an alle Beteiligten, alles Gute und viel Erfolg. Aller Anfang ist schwer, aber wie hier gut, sehr gut.

    Bärbel Friedrich, Rosentor 1, 09126 Chemnitz. Würde mich über Zuschriften freuen.

  • O
    ole

    @anke: sie schreiben: "Nein, in der Realität gibt es kein Duell-Prinzip. Jedenfalls keins, das Spannung verspricht. Das muss schon konstruiert werden vom Fernsehen. In der Realität hat der Klient nicht einmal eine Waffe. In der Realität fällt nur ein einziger Schuss. Man nennt ihn Diagnose. Es gibt nur einen Treffer und auch nur einen einzigen Toten. Und das ist niemals der Therapeut." sehr treffend ( und noch dazu gerade poetisch) beschrieben!ich hab den bloch leider nicht sehen können,aber was sie da über die realität schreiben ist richtig (deswegen ist das von sven nicht weniger falsch,denn beides kann stimmen)!auf jeden fall haben ärzte (psychiater u evw auch psychotherapeuten sind ja auch ärzte) in der realität zu viel macht und grade psychiater,von daher stimmt es absolut das es in der realität nie zu einer duellsituation käme,es käme nichmal dazu das patient u arzt auf einer ebene sind,trotzdem ist bloch eine gute sendung,man kann ja mal träumen.....

  • S
    Sven

    Hallo Anke,

     

    in der Beurteilung des Films liegt Ihre Stärke offenbar nicht- mehr wohl in der Kritik an der mutmaßlichen Intention des Regisseurs, resp. an dem Ihrer Meinung nach negativ besetzten Trend der Fernseh-Formate, oder gar der heutigen Gesellschaft?

    .....

    Nun: ich habe mich absichtlich nicht etwa "Svenja" genannt, um auch meinem Eindruck Ausdruck zu verleihen- ungeachtet Ihrer möglicherweise vorgefassten Meinung.

    RIEKE (um auf den Film zurück zu kommen) war prima besetzt; in ihr habe ich mehrere Mädchen und Frauen wiedererkannt, die ich das Glück hatte in einer psychiatrischen Tagesklinik kennen zu lernen.

    Rieke trifft man jeden Tag auf der Straße, ohne die Krankheit selbst zu treffen. Genau Kenntnis kriegt man(n) erst, wenn man selbst in einer Klinik gesessen hat.

    Und glauben Sie mir: da gibt es keine Toten, nur eine Menge neuer Freundschaften, die der Alltag leider nicht bieten kann.

     

    Auch und manchmal auch nur, durch die Hilfe professioneller Therapeuten- die gern auch mal Männer sein dürfen.

     

    Im übrigen hat man(o. frau) da auch noch ein Mitspracherecht: den Therapeuten kann man(frau nämlich wechseln.

  • A
    anke

    Die therapeutische Praxis – die letzte Domäne des Patriarchen. Seit die raubeinigen TV-Krimi-Machos und die (halb-)gottgleichen Klinik-Inhaber zusammen mit ihrem Publikum in den Ruhestand geschickt worden sind, muss die Quote anderweitig gesichert werden. Und was bietet sich in dem Zusammenhang eher an als die psychologische Praxis? Nirgendwo sonst in der westlichen Gesellschaft hat sich das Männerbild des 19. Jahrhunderts so stark behaupten können wie gerade da. Kein Wunder: Nirgendwo sonst scheint das Gefälle zwischen den Protagonisten so naturgegeben und vor allem so groß zu sein. Im Stück spielen mit: der allmächtige, allwissende Therapeuten und der nicht einmal seiner selbst mächtigen Patient, äh... – Klient. Nein, in der Realität gibt es kein Duell-Prinzip. Jedenfalls keins, das Spannung verspricht. Das muss schon konstruiert werden vom Fernsehen. In der Realität hat der Klient nicht einmal eine Waffe. In der Realität fällt nur ein einziger Schuss. Man nennt ihn Diagnose. Es gibt nur einen Treffer und auch nur einen einzigen Toten. Und das ist niemals der Therapeut.