ARD-Doku über Wu-Tang Clan: Die Frau der Hiphop-Stars
Wie wurde der Wu-Tang Clan berühmt? Eine Doku porträtiert die Managerin Eva Ries, die hinter dem Erfolg der Musiker steht.

Als Eva Ries 1993 während ihrer Flitterwochen auf Hawaii mit ihrem Mann über den Strand spaziert, hört sie sich schonmal das Album ihrer zukünftigen Klienten an: „I rip it, hardcore like porno-flick bitches / I roll with groups of ghetto bastards with biscuits“, tönt es da etwa auf dem Opener. „Was ist n’ des für’n Scheißdreck?“, soll ihr Mann gesagt haben.
Das erfährt man in der Doku „Evil-E – Eva Ries und der Wu-Tang Clan“, die am 16.09. in der ARD-Mediathek erschienen ist. Die Doku zeichnet den außergewöhnlichen Lebensweg der langjährigen Managerin des Wu-Tang Clans nach, die aus der pfälzischen Provinz kam und zu einer der angesagtesten Managerinnen der „golden era“ des Hip-Hops wurde.
Für den Clan ist Rap ein Ausweg aus gebrochenen Familien. Die aus Staten Island in New York stammenden Künstler wollen sich von der Gewalt in ihrer Heimat lösen. Für Ries ist das Musikbusiness der 90er vor allem eine große Chance, um in einer rasant wachsenden Branche eine internationale Karriere zu starten.
Also zieht Ries aus Ladenburg bei Heidelberg nach New York, macht Praktika bei einschlägigen Labels, führt akribische Listen mit einflussreichen Personen, die sie gezielt anspricht, bis sie schließlich bei Loud Records landet, dem Label des Clans. Ihr Ehrgeiz und ihre unerschrockene, selbstbewusste Art helfen ihr auf diesem Weg, aber auch ihre Herkunft aus gutbürgerlichen Verhältnissen in Süddeutschland.
Außenseiterin oder privilegierte Frau?
Die Spannung zwischen diesen so unterschiedlichen Lebensentwürfen und Voraussetzungen ist in der ARD-Doku stets unterschwellig präsent. Wirklich zur Aussprache kommt sie allerdings erst gegen Ende, als der ehemalige VIVA-Moderator Tyron Ricketts die Frage in den Raum stellt, ob sich Ries ihrer Privilegien überhaupt bewusst war. Die meiste Zeit aber spinnt die Doku stattdessen die Erzählung von der Außenseiterin aus der Provinz, die die Welt erobert.
Archivaufnahmen und neue Interviews mit den Clan-Mitgliedern Raekwon, Mathematics, Ghostface Killah und Ol’ Dirty Bastards (ODB) Tochter illustrieren die Geschichte, die von ihren Anekdoten lebt: Etwa, wenn Ghostface Killah für Joy Denalane im Studio 16 Verse aufnimmt und direkt in bar bezahlt; wenn Ries erzählt, dass sie Gras für Method Man bei Marilyn Manson besorgen musste; oder, als ODB 1998 aus Frust die Grammy-Bühne stürmte und den Spruch „Wu-Tang is for the children“ prägte.
Trotzdem bleibt ein Rest von Oberflächlichkeit. Das U-Bahn-Karten-Design, das als Zeitachse durch den Film führt, wirkt wie aus VIVA-Shows der 2000er entnommen und ist streng genommen fehl am Platz, da Staten Island gar keine Subway-Anbindung hat. Manchmal merkt man auch, dass widersprüchliche Aussagen durch Schnitttechnik glattgezogen werden. Und während man viel über die Exzesse, den Ruhm und die internen Streitereien des Clans erfährt, bleibt die Frage, wie genau Ries als Managerin wirklich Einfluss genommen hat, eher vage.
Reflektierte Momente
Die Doku zeigt sich in gewissen Momenten reflektiert und zeitgemäß, etwa wenn es um Sexismus in der Branche geht. Problematisiert werden hier aber vor allem die Clan-Mitglieder selbst. Ries berichtet, ihr „Standing“ im Clan habe sich nach der Geburt ihrer Tochter um „tausend Prozent“ verbessert. Die Ambivalenzen aber, die sich aus Privilegien, Diskriminierung und kulturellen Differenzen ergeben, deutet der Film eher an, als dass er sie konsequent ausleuchtet. Die Geschichte von Eva Ries wird hier unterhaltsam erzählt, aber nur selektiv aufgearbeitet.
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