ARD-Doku-Serie „Millennial Punk“: Nostalgie-Pogo im Raum der Zeit
Rund 70 Punks sprechen in „Millennial Punk“ über ihre Szene, übers Pogen, übers Saufen. Die vierteilige Doku wirft wichtige, verkaternde Fragen auf.
Die Doku „Millennial Punk“ macht Spaß wie ein Moshpit auf der Force Attack, schmerzt aber auch wie der fette Sonnenbrand wegen des frisch rasierten Iros, den man sich dabei einfängt. Sie beleuchtet die neuralgischen Punkte der Punk-(Sub)Kultur seit den Nullerjahren. Soundtrack: Songs und Stimmen von Schrottgrenze, Slime, Akne Kid Joe, ZSK und vielen mehr, die sich nicht davor scheuen, die Welt und ihre Bandgeschichte kritisch zu hinterfragen.
„Millennial Punk“, vier Folgen in der ARD-Mediathek
Für die Macher:innen muss es eine enorme Arbeit gewesen sein, die knapp 70 Punk-Vertreter:innen an Bord zu holen und dabei eine derartige Diversität von queeren, transgeschlechtlichen und cis-Männern und Frauen abzubilden. Auch wenn es nur bedingt die männlich dominierte Szene widerspiegelt, die durch 9/11, das Internet, Kommerzialisierung und den Kampf gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck geprägt wurde.
Die vier Teile tragen Titel wie „AKTIVISMUS – Die politische DNA von Punk“ oder „NEULAND – Die digitale Revolution“ und sind unterteilt in Kapitel, die jeweils mit kunstvoll-rotzigen Cartoons eingeläutet werden. Sie werfen Fragen auf wie „A new Generation – woke, divers und reflektiert?“ In den Antworten scheint die Punk-DNA durch: antifaschistisch, antikapitalisch und anarchistisch. Und trotz ihres Reflektierens sind die Millennial Punker:innen „Opfer eines patriarchalen Systems“, wie Caro vom Diva Kollektiv konstatiert.
Altpunker:innen werden die Doku feiern, wie den ersten „Schlachtrufe BRD“-Sampler. Doch sie werden zugleich auch immer wieder schmerzhafte Stiche verspüren, beim Blick auf den Umgang der Szene mit #punktoo. Die „Millennial Punk“- Folgen sind „Soundtracks zum Untergang“, die in treibenden drei Akkorden vermeintliche Gewissheiten hinterfragen. Pur Punk eben.
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