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ARD-Doku „Der Fall Biermann“Der von drüben

Vor 40 Jahren wurde Wolf Biermann ausgebürgert. Eine Doku erinnert an die großen Zeiten des Sängers und an einen Staat, der keine Kritik ertrug.

Heute hier, morgen dort. Ach nee, das war er nicht. Passt aber gut zu Wolf Biermanns Vita Foto: Michael Schöne/MDR

Geht es heute um die DDR, scheint es oft als wäre der erste Arbeiter-und-Bauernstaat auf deutschem Boden ein etwas piefiges, aber ansonsten harmloses Ländchen gewesen. Und Wolf Biermann kommt heute meist rüber wie ein ziemlich aufgeblasener Typ, der nicht gut singt und noch schlechter Gitarre spielt.

Der Dokumentarfilm „Der Fall Biermann – Mit der Gitarre gegen die Staatsmacht“ zeigt, dass beides nicht stimmt. Er steigt ein mit Szenen von den Weltjugendfestspielen in Berlin, Hauptstadt der DDR, im Sommer 1973: Hippies liegen auf der Wiese vor dem Fernsehturm auf dem Alexanderplatz, FDJler knutschen auf einer Parkbank. Der Sprecher sagt: „Die sonst so präsente Staatsmacht ist kaum zu spüren.“

Dabei war die Stasi überall. Nur: „Im Gegensatz zum Normalzustand ließen sie das laufen“, sagt der Historiker Bernd Florath. Verantwortlich für das Fest, mit dem eine weltoffene DDR präsentiert werden soll, ist Erich Honecker, seit 1971 starker Mann im ostdeutschen Staat.

Der DDR-Musiker Wolf Biermann, der eigentlich schon seit Jahren nicht mehr öffentlich auftreten darf, hat große Hoffnungen in die Festspiele gesetzt. Ganz offiziell hat er ein Lied über den sozialistischen Helden Che Guevara bei der zuständigen Kommission eingereicht. Es wird abgelehnt.

Die Doku

Montag, 7.11., 23.30 Uhr, ARD, „Der Fall Biermann – Mit der Gitarre gegen die Staatsmacht“, Film von Heinrich Billstein

Rübergemacht – in den Osten

Biermann und Honecker sind alte Bekannte. 1950 hatte Biermann, der Jungkommunist aus dem westdeutschen Hamburg, eine Rede vor dem damaligen Vorsitzenden der kommunistischen Jugendorganisation der eben gegründeten DDR gehalten. 1953 zieht Biermann, dessen kommunistischer Vater in Auschwitz ermordet wurde, in die DDR, wird deren Staatsbürger, macht Abitur, studiert und geht als Regieassistent an Bertolt Brechts Berliner Ensemble. Nebenbei singt er, spielt Gitarre – und gründet ein eigenes kleines Theater, das mit einem kritischen Stück über den Mauerbau den Ärger der Mächtigen auf sich zieht.

Das Stück wird nicht aufgeführt, das Theater verboten – und dessen Chef die Mitgliedschaft in der Partei versagt. Aus der Traum von der Karriere im sozialistischen Deutschland. Was dagegen geht, sind Auftritte im Westen. Das DDR-Fernsehen berichtet sogar von Biermanns Erfolgen auf den Ostermärschen. Der hofft auf eine zweite Chance in den DDR.

Stattdessen greift Honecker den Sänger 1965 öffentlich an: Biermann verrate „sozialistische Grundpositionen“, es sei an der Zeit, der „Verbreitung fremder und schädlicher Thesen und unkünstlerischer Machwerke, die zugleich auch stark pornografische Züge aufweisen, entgegenzutreten“.

Nun verschwindet Biermann völlig aus der DDR-Öffentlichkeit. Seine Schallplatten erscheinen im Westen. Die MDR-Doku zeigt seltene Filmszenen von den Aufnahmen in der berühmten Wohnung in der Chausseestraße 131. Bald ist die Fangemeinde in der Bundesrepublik größer als die in der DDR.

Rübergemacht (worden) – in den Westen

Wohl auch deswegen hofft Biermann 1973, dass ihm und „Comandante Che Guevara“ noch einmal eine Chance in dem Teil Deutschlands gegeben wird, für den er stehen will. Doch der Staat will ihn nicht: Während eines Auftritts vor linken Gewerkschaftern in Köln am 13. November 1976 wird Biermann die DDR-Staatsbürgerschaft entzogen und die Wiedereinreise verweigert.

Hintergrundmusik zum Film ist natürlich Biermann selbst. Hingebungsvoll spielt er Gitarre und singt mit seiner tiefen Stimme seine aufwieglerischen und zugleich lyrischen Texte. Dabei wird zum einen klar: Trotz aller Repression war die DDR für Wolf Biermann zum Zeitpunkt seines Rausschmisses noch immer der Versuch, das sozialistische Paradies auf Erden zu schaffen. Was ihn von den Machthabern unterschied, war eine Frage: Wie?

Zum anderen wird deutlich, dass Wolf Biermann einmal ein großartiger Autor, Instrumentalist, Sänger und Performer war. Und die DDR ein mieses Spießerregime, dessen Oberguru sich nicht entblödete, Kulturschaffende persönlich kaltzustellen.

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2 Kommentare

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  • Hübsch - verlogen!

     

    Als einer - der die Lieder dieses  RenegatenRenegaten - & endlich beim Klassenfeind ala  Die Welt - wieder Gelandeten - mal gern&locker drauf hatte - & teilweise noch hat -

    Kann ich heute diesen selbstbezüglichen Großschnacker & sich selbst maßlos überschätzenden Dauerramenter -  ähnlich Brechmittel Günter WaffenGraSS - 

    ("& er hatte immer die Gitarre dabei - wie Wolf Biermann" Wiglaf Droste!;)

    ziemlich über  & sage - 

    Der Film - wie hier beschrieben - Was ein tatsachenferner Fake! 

     

    OK - hören wir mal rein - 

    "…Sein enger persönlicher Kontakt zur Familie Honecker, insbesondere zu Margot Honecker, riß nie ab. Sie ging zu ihm in die Chausseestraße, wo sie ihm eine Wohnetage besorgt hatte, er kam zu ihr ins Ministerium, wozu er weder Termine noch Passierscheine benötigte. Noch unmittelbar vor dem Verlassen der DDR hatte er Besuch von ihr, sie werden die Modalitäten des als Ausbürgerung bekannt gewordenen Umzugs und PR-Gags beredet haben. Darüber spricht und singt der Dauerwiderständler Biermann nicht nur ungern, sondern überhaupt nicht. Seine Popularität und moralische Glaubwürdigkeit, mit welcher er gegen ›die Genossen im Schmalztopf der privilegierten Kaste‹ ansang, hätte Schaden nehmen können, wenn herausgekommen wäre, daß er nicht nur im ›Neuen Deutschland‹ tagtäglich die bekannten ›Fressen‹ fand, sondern auch bei sich zu Hause.« - … &

     

    ff - doch doch

    • @Lowandorder:

      ff

       

      Dieser Massenveranstaltung (Köln Konzert) folgte Biermanns Ausbürgerung aus der DDR.

      Moneta („dem alten Trotzkisten und ehemaligen Chefredakteur der Gewerkschaftszeitung der IG Metall verdankt Wolf Biermann die Einladung zu seinem Kölner Konzert“)  berichtete später auch über das »Liebesverhältnis« Wolf Biermanns zu seiner älteren Stiefschwester Margot: »Als er eines Abends erzählte, wie sehr er sich vor den Falten am Hals von Margot geekelt habe, die inzwischen die Ehefrau des Staatsratsvorsitzenden Honecker war, wollte Sigi (Monetas Lebenspartnerin d.V.) ihn, angewidert von seinem Machismus, hinaus schmeißen.«

      Moneta beendete seinen Aufsatz mit dem schönsten Satz, den wir im Zusammenhang mit Wolf Biermann je gelesen oder gehört haben: »Zum Schluss kann ich es mir nicht verkneifen, Wolf Biermann einen Spruch aus meiner jiddischen Muttersprache auf den Weg zu geben: ›Nicht gedacht soll seiner werden.‹«....“

      Danke Frau Barbara Kalender & Herr Jörg Schröder http://blogs.taz.de/schroederkalender/2007/01/18/zuviel-der-ehre-fuer-wolf-biermann/

       

      & eben dort 

      "Rayk Wieland hat uns eben gemailt: liebe barbara, lieber jörg, habt vielen dank für die digitale zitation. den text kenne ich ja schon, und er ist immer noch gut. anders als biermann, der ist immer noch schlecht und ist es immer wieder. unlängst durchblätterte ich den vorabdruck seines neuen gedichtbands und sah, daß er jetzt dazu übergegangen ist, ganz dürftige shakespeare-übersetzungen als eigene sonette zu verkaufen. der mann weiß auf unheimliche weise nicht, wo sein platz ist. noch unheimlicher vielleicht nur, daß niemand es gemerkt hat.

      RW"

       

      Das deckt sich – besonders zum künstlerischen Schaffen - mühelos mit  André Müller "Gespräche mit Hacks!";)

      (so - se en passant - Wolf B. betreffen - wa!;) https://de.m.wikipedia.org/wiki/Andr%C3%A9_M%C3%BCller_sen.