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AFGHANISTAN: FÜR KARSAI IST DER TOD SEINES VIZE KADIR EIN DESASTEREin Warlord, der fehlen wird

Die Macht der Warlords und Provinzfürsten gilt als eines der größten Hindernisse bei der Befriedung und Demokratisierung Afghanistans. Zyniker sehen deshalb in der Ermordung dieser Charaktere eine willkommene, landestypische Art der Reduzierung eines Problems. Dem Warlord Hadschi Abdul Kadir, der am Samstag einem Attentat zum Opfer fiel, werden sie keine Träne nachweinen.

Bei näherem Blick jedoch wird deutlich, dass Kadir weniger durch Brutalität als durch seinen ausgeprägten Geschäftssinn aufgefallen war – und zudem eine ganz besondere Rolle im afghanischen Machtgefüge spielte. Der Getötete war der Vorzeige-Warlord in der von UNO und USA unterstützten Strategie von Präsident Hamid Karsai, bestimmte Lokalfürsten durch Einbindung in seine neue Regierung zu befrieden und schrittweise zu entmachten. Zwar war der ostafghanische Paschtune Kadir schon in Karsais erster Übergangsregierung Minister. Doch auf der kürzlich abgehaltenen großen Ratsversammlung (Loja Dschirga) beförderte ihn der Präsident zu einem seiner Vizepräsidenten und bestand darauf, dass Kadir dafür künftig in Kabul und nicht mehr in seiner Hochburg Dschalalabad amtieren sollte. Es zeigte sich, dass Kadir – anders als die berüchtigten Warlords Abdul Raschid Dostum oder Ismail Khan – zur Zusammenarbeit mit Karsai offen war. Eben das ist ihm jetzt womöglich zum Verhängnis geworden.

Dass Kadir ausgerechnet in Kabul ermordet wurde, ist ein schwerer Rückschlag für Karsais Strategie der Einbindung. Andere Warlords dürften jetzt noch weniger zur Kooperation bereit sein. Zudem war Kadir einer der wenigen Paschtunen in der Regierung. Sein Tod bringt die ohnehin prekäre ethnische Machtbalance in Afghanisten weiter zum Wanken. Zugleich zeigt der inzwischen zweite Ministermord in diesem Jahr in Kabul, dass auch die Hauptstadt trotz der Anwesenheit einer rund 5.000-köpfigen internationalen Friedenstruppe nicht sicher ist.

Doch nicht nur deshalb ist Kadirs Tod für Karsai schlicht ein Desaster. Der Ermordete war zwar nominell der die Taliban bekämpfenden Nordallianz verbunden, spielte aber dort eine eigenständige Rolle und ließ sich kaum einbinden. So verließ Kadir im November die Bonner Afghanistan-Konferenz unter Protest, weil die Tadschiken der Nordallianz seiner Meinung nach die künftige Macht monopolisieren wollten. Die Tadschiken könnten jetzt das von dem Ermordeten hinterlassene Machtvakuum füllen. Dann käme Karsai künftig noch weniger an dieser Fraktion vorbei, die schon jetzt in seiner Regierung den Ton angibt. SVEN HANSEN

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