8. Forderung des taz-Sommercamps : Wohnraum vergesellschaften
Wir fordern: Wohnraum darf keine Ware sein – Vergesellschaftung jetzt! Weil es nicht sein kann, dass aus Grundbedürfnissen Profit geschlagen wird.
2021. Menschen erfrieren und verhungern auf der Straße. Wohnraum steht leer und verfällt. In großen Städten sind Hunderttausende Wohnungen in der Hand von privatwirtschaftlichen Unternehmen. Und während diese Zahl jedes Jahr weiter wächst, hat sich in den letzten 15 Jahren die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland halbiert. Unser auf Wachstum ausgelegtes System führt zu Existenzängsten und sozialer Spaltung. Marginalisierte Gruppen werden auf dem Wohnungsmarkt systematisch diskriminiert. Grundstückspreise und Mieten explodieren, viele Menschen können sich keine Wohnung mehr leisten. Währenddessen erwirtschaften Immobilienkonzerne Milliarden durch Aufkauf und Modernisierung von Wohnraum. Auch während der Corona-Pandemie steigen die Mieten, während die Aktionäre immer höhere Dividenden erhalten. Wohnraum ist zur Ware geworden.
Das ist die Realität in Deutschland. Und immer noch glauben Politiker:innen, dass unser System diese Probleme lösen wird.
Das Teilnehmer:innen des taz Sommercamp 2021 fordern von der kommenden Bundesregierung:
1. Unabhängige Polizeibeschwerdestellen
2. Die Aufarbeitung des deutschen Imperialismus
3. Mehr Flächen entsiegeln und renaturieren
4. Vollbremsung bei klimaschädlichen Subventionen
5. Positive dem Frieden verpflichtete Politik
6. Sofortige Lösungen und Perspektiven für Flüchtende und Geflüchtete
7. Ein menschenwürdiges Leben mit und ohne Lohnarbeit
Wir brauchen eine radikale Veränderung – jetzt!
2030. Wohnen wird als menschliches Grundbedürfnis anerkannt und als Grundrecht im Gesetz verankert. Boden ist Kollektiveigentum und wird gemeinwohlorientiert bewirtschaftet. Die Enteignung und Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne wurde durchgesetzt, um Grundbedürfnisse und Grundrechte ausreichend zu sichern. Bezahlbarer Wohnraum wird durch einen Mietendeckel reguliert und alternative Wohnkonzepte werden sowohl in Städten als auch in ländlichen Gebieten gefördert. Im Fokus des Bauens steht die nachhaltige Stadtentwicklung mit durchmischten und vernetzten Lebensquartieren. Der zur Verfügung stehende soziale Wohnraum steigt jedes Jahr und wird so verteilt, dass auch marginalisierte Gruppen menschenwürdig und gesichert unterkommen. Denn Wohnraum ist keine Ware.
Das könnte die Realität in Deutschland sein.
Und immer noch glauben Politiker:innen, dass unser System diese Probleme lösen wird.
Text von Christian Reinecke und Lea Wegener aus dem taz Sommercamp 2021
Lexikon der Solidarität: Öko·sys·tem Wohn·raum Substantiv, Neutrum [das] (Pl. Ökosysteme Wohnraum)
Die kleinste Einheit eines Lebensraumes mit in ihm wohnenden Lebewesen; Menschen leben in einer Gemeinschaftsstruktur, in der Solidarität und friedliches Miteinander oberste Priorität haben und Boden als Kollektiveigentum verstanden wird; jede:r Bewohner:in bringt sich nach individuellen Fähigkeiten, Bildungsstand und Interessenlage in die Gemeinschaft ein; Hierarchien sind überwunden, Machtstrukturen im Wohnraum aufgelöst; marginalisierte Gruppen werden durch ihren Platz inmitten einer Gemeinschaft zur Teilhabe ermutigt; solidarisches Wohnen und Wirtschaften im Einklang mit der Umwelt sind selbstverständlich; es herrscht eine Abwesenheit von Ausbeutung Anderer oder der Umwelt; das Ökosystem reproduziert sich selbst, garantiert den Selbsterhalt.
Text von Lea Wegener aus dem taz Sommercamp 2021