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5. Forderung des taz-Sommercamps Politik für einen positiven Frieden

Wir fordern eine dem positiven Frieden verpflichtete Politik, weil Frieden mehr ist als die Abwesenheit von Krieg.

Waffengeschäfte beenden: Performance bei einer Veranstaltung gegen Rüstungsexporte Foto: dpa

Die alte Bundesregierung berief sich auf die Idee des positiven Friedens. Im Bericht über die Umsetzung ihrer Leitlinien von März 2021 verpflichtete sie sich, „dort, wo es möglich ist, die wesentlichen Elemente eines positiven Friedens zu befördern“. Dieses Versprechen wurde nicht eingehalten.

Die Idee des positiven Friedens geht über die Definition negativen Friedens hinaus, die sich in der Vermeidung direkter Gewalt erschöpft. Anstatt sich auf eine Sicherheitspolitik mit hauptsächlich außenpolitischen und militärischen Interventionen zu fokussieren, braucht es eine ganzheitliche Friedenspolitik, welche sich mit struktureller Gewalt wie Ausgrenzung, Rassismus oder Diskriminierung auseinander setzt. Ein solches Verständnis beginnt mit gewaltfreier Kommunikation und friedenspädagogischer Bildung, denkt gesamtgesellschaftliche Fragen mit, fördert soziale Teilhabe und setzt all dies mit außenpolitischen Fragen in Verbindung.

Die neue Bundesregierung lässt dieser Verpflichtung zum positiven Frieden nun Taten folgen. Grundlage jeglichen Handelns ist eine Politik, welche sich den acht Säulen des positiven Friedens verschreibt, die unter anderem im „Global Peace Index“ erwähnt werden: Gut funktionierende Regierungen, gerechte Verteilung von Ressourcen, freier Informationsfluss, gute Beziehungen zu Nachbar*innen, hoher Grad an Humankapital, Akzeptanz der Rechte Anderer, niedriger Grad an Korruption und ein intaktes Wirtschaftsumfeld.

EU-Abschottung, Rüstungsexporte, Menschenrechte vor Profit

Diese Erkenntnisse globaler Friedensforschung helfen der Bundesregierung, ihre Ziele zu quantifizieren. Mit Blick auf die Europäische Union stellt sich die Frage, wie sich die Selbstdarstellung als Friedensvorreiterin mit der Missachtung von Menschenrechten im Inneren und an den Außengrenzen miteinander vereinbaren lässt. Derzeit befindet sich Deutschland auf Platz 17 von 163 des Global Peace Index.

Die Bundesregierung fördert Solidarisches Wirtschaften; in bilateralen und multinationalen Wirtschaftsbeziehungen darf die Gewinnorientierung nicht die bestimmende Komponente sein. Das gilt insbesondere für die Rüstungsindustrie.

Die Bundesregierung verpflichtet sich durch eine strikte Regulierung von Waffenlieferungen jeder Art – und im Idealfall das Ende jeglicher Rüstungsexporte – profitorientierte Handlungen zu unterbinden und Menschenleben zu schützen. Jeder zukünftige Export wird durch ein transparentes Gremium genehmigt, Verstöße werden konsequent geahndet.

Der Diskurs über moralische und politische Grenzen von Rüstungsexporten muss weiter aktiv geführt werden.

Die Bundesregierung muss bei ihrer Außenpolitik im Sinne der Idee des positiven Friedens die Einhaltung der Menschen- und Bürger*innenrechte, wie sie in Deutschland garantiert werden, auch weltweit fördern – ohne dabei zu vergessen, dass auch in Deutschland erhebliche Defizite bei der Umsetzung dieser Rechte existieren.

Es herrscht insbesondere Nachholbedarf beim Schutz marginalisierter Gruppen, ebenso wie bei der Prävention von direkten und strukturellen Gewaltformen.

Text von Mihail Fomin, Patrick „Patte“ Lehmann, Lara Montenegro, Aunill Nana, Thora Pindus, Denise Schöneich, Pascal Teubert und Sarah Trochemowitz aus dem taz Sommercamp 2021