70. Geburtstag Bob Dylans: Womit er die Locken verbarg
Kein Geringerer als Bob Dylan wird jetzt 70 Jahre alt. Ein Blick auf eine außergewöhnliche Karriere im Spiegel der Hutmode. Dylan favorisierte Hüte.
Der Hut hat in Bob Dylans Karriere seit je eine zentrale Bedeutung; selbst der oberflächliche Hörer von Dylans Werk weiß wohl, dass sich Lieder über Hüte auf fast allen Alben finden, angefangen von "Hattie Carroll" über "There is a Hat in New Orleans" über "Before the Hat" und hin zu "Hat Gone Wrong" und der berühmten Bootleg-Fassung von "Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm" zusammen mit Pete Seeger.
Dabei begann alles mit einer Mütze, der Helmut-Schmidt-schen Prinz-Heinrich-Mütze nicht ganz unähnlich, die den Dylanschen Lockenschopf quetschte, wenn er an Woody Guthries Krankenbett sang oder die er herumgehen lassen konnte, unten im Village, an den Montagabenden, an denen man fürs Trinkgeld der Gäste spielte.
Drogen und Rockmusik bliesen Dylan für eine Weile vom spitzen Kopf den Hut, um den Dichter zu zitieren, doch mit der Hinwendung zur Countrymusik taucht bereits 1966 ein Mao-Käppi auf, verschämt in der Hand gehalten auf dem ersten Cover-Entwurf zu "Tarantula", flugs vergessen wie der Roman selbst, abgelöst durch grimme "Kleinbürger des Wilden Westens"-Hüte, die The Band aufgetan haben dürften: Neorealismus von Pferdedieben, sehr unsexy im Großen und Ganzen.
Der Hut-Gau
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Dylan favorisierte diese Musik und diese Hüte: schmal die Krempe, halbhoch, gut, um sie verlegen als Bittsteller vor der Brust zu halten, bis ihm Sam Peckinpah das Genre verleidete und er ganz nostalgisch den breitkrempigen Trapper-Hut seiner im Kino verbrachten Kindheit favorisierte, grau und verwegen auf dem Foto auf dem Cover des Albums "Desire" - machte sich vor allem im Profil sehr gut -, deren berühmteste Textzeile wir alle noch im Ohr haben: "Up on the white veranda / she wears a necktie and a Panama hat".
Doch, wehe, wehe, dreimal wehe, wenn ich auf das Ende sehe: Mit der "Rolling Thunder"-Tournee begann der Hut-GAU; aus dem Trapper wurde eine ältere Tante mit weißem Filzhut, über dessen nach oben gebogener Krempe Gewürzsträußchen von riesigem Ausmaß ins Hutband gequetscht waren - its Renaldo-Time, das heißt, unter diesen Hutkatastrophen ist das Gesicht Comedia-dell-Arte-mäßig weiß geschminkt, beim letzten Walzer wird ein Blumentopf getragen; war er weiß, war er rosa?
Strickmütze ohne Bommel
Als es hieß, Dylan habe Gott getroffen in einem Hotelzimmer und sei jetzt ein Christ, war meine Erleichterung groß, denn in der Kirche muss man den Hut abnehmen.
Doch auch diese Phase war nur von kurzer Dauer, die Jarmulke, zur Bar Mizwa seines Sohnes getragen, war ebenfalls nur retardierendes Moment vor dem Dylan-Desaster der achtziger Jahre, wo sich Hut und Musik in nichts nachstanden: Wir wurden Zeugen von ledernen Ballonmützen, kleinen Strohhütchen mit bunten Bändern, irischen Wollkappen und Pelzmützen, am schlimmsten schließlich eine Strickmütze ohne Bommel, getragen zu baren Unterschenkeln: heute sagt man Freak Folk dazu. Und darunter immer dieses aufgeschwemmte Säufergesicht, darüber die Kapuze seiner Trainingsjacke: Dann durfte Dylan von niemandem angesprochen werden.
Die neunziger Jahre, das Jahrzehnt seines in jeder Hinsicht gelungenen Comeback, wurde eingeläutet durch die Wahl zurückhaltenderer Kopfbedeckungen: am beigefarbenen Schlapphut stecken nur mehr zwei Hahnenfedern; "Hat Gone Wrong" zeigt einen halbhohen Zylinder, wie ihn berufsmäßige Spieler oder Leichenbestatter zu Zeiten Mark Twains getragen haben mögen, dann wieder ist es ein Ehrendoktorhut, mit Würden getragen, oder ein seitlich doppelt aufgebogener Filzschlappen aus Viehzüchterbeständen, maskiert und anonym - wie mit einer Zeitmaschine stürzen wir durch die Hutphasen rückwärts der Zukunft entgegen bis zum 70. Geburtstag im Mai, den der Mann wohl in Cowboystiefeln und einem bestickten Anzug begehen wird, und, wies ausschaut, mit einer flotten, schwarzen, schlanken Doc-Holiday-Kopfbedeckung. Alles wird Hut.
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