: 7 Wegweiser zum Geschäft
Mitte des kommenden Jahres werden neue Endungen für Internetadressen eingeführt. Geschäftsinteressen setzten sich durch, Gewerkschaften und WHO sind gescheitert
Am Ende waren es nur noch sieben. Und so richtig groß war die Freude nicht mehr, als letzten Donnerstag das Direktorium der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (Icann) in Marina del Rey, Kalifonien, endlich bekannt gab, welche neuen Top-Level-Domains denn nun den Adressendschungel des Internet bereichern dürfen. Ab Mitte des nächsten Jahres neu eingeführt werden die Endungen „.aero“ (für Fluggesellschaften), „.biz“ (für echte Großunternehmen, die sich von der übergroß gewordenen Masse der „.com“-Krämer unterscheiden möchten), „.coop“ (für Genossenschaften und „Communities“), „.info“ (für Presse und Medien), „.museum“ (für Kunstsammlungen), „.name“ (für private Websites) und „.pro“ (für „Professionals“, worunter hauptsächlich Ärzte und Rechtsanwälte zu verstehen sind).
Noch am Vortag war eine Liste bekannt geworden, die vierzehn dieser heiß begehrten Adressenendungen enthielt. Gewerkschaften insbesondere und die Weltgesundheitsorganistion schienen in dieser ersten Liste ihre Vorschläge für „.union“ und „.health“ durchgesetzt zu haben. Aber daraus wurde nichts. Die Icann ist von dem libertären Clinton-Berater Ira Magaziner gegründet worden, um jeden Einfluss der UNO auf das Internet auszuschließen – vom Einfluss der Gewerkschaften erst gar nicht zu reden.
Den Zuschlag erhielten die Vorschläge von Registrierungsfirmen, die ein sicheres Geschäft zu werden versprechen. Die Registrierung einer einzigen Adresse unter der Top-Level-Domain „.biz“ kostet 2.000 Dollar – und erfahrungsgemäß lassen sich Markenhersteller gleich alle möglichen Varianten und Tippfehler ihres Namens mit eintragen. Die Unternehmensberater der Gartner Group schätzen, dass damit für Firmen, die im Internet erfolgreich sein wollen, jährliche Kosten von 70.000 Dollar allein für die Domainpflege entstehen.
Nichtkommerzielle Adressenräume haben dagegen einen schweren Stand. Ziemlich pikiert musste der Sprecher der WHO zur Kenntnis nehmen, dass die Icann es nicht eimal nötig fand, seine Organisation offiziell über die Ablehnung ihres Vorschlags zu informieren. Er las die schlechte Nachricht in den Agenturmeldungen und kündigte weitere Schritte an, um doch noch eine weltweit anerkannte Top-Level-Domain für Gesundheitsfragen ins Internet einführen zu können.
Mehr Glück hatten da schon die Fluglinien mit ihrer neuen Domain „.aero“. Offenbar fliegen Icann-Miglieder besonders gerne. Warum es aber in der ganzen virtuellen Welt so viel wichtiger sein soll, schon an der Webadresse zu erkennen, ob man hier Flugtickets bestellen kann, als seriöse, von der UNO beglaubigte Informationen über Krankheiten abrufen zu können, bleibt vorerst ein Geheimnis des Icann-Direktoriums, das zum letzten Mal ohne die gewählten Mitglieder tagte – Andy Müller Maguhn, Sprecher des Chaos Computer Clubs, durfte nur ganz am Ende der Jahrestagung am Tisch mit Platz nehmen. niklaus@taz.de
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