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7.-Oktober-Kommission in IsraelTaktieren kann Netanjahu am besten

Lisa Schneider
Kommentar von Lisa Schneider

Israels Regierung torpediert eine Untersuchungskommission zum 7. Oktober. Kein Wunder – sie würde den Premierminister in arge Erklärungsnot bringen.

Eine staatliche Untersuchungskommission würde ihm das Lächeln vermutlich vermiesen Foto: Evan Vucci/ap/dpa

S ollte Israel eine staatliche Untersuchungskommission zum Überfall militanter Palästinensergruppen am 7. Oktober 2023 bilden? Wenn es nach Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geht, ist die Antwort klar: nein. Geht es nach dem Obersten Gerichtshof Israels, muss seine Regierung dazu zumindest eine Anhörung abhalten – so ordnete es ein Richterspruch im Dezember vergangenen Jahres an und gab der Regierung Netanjahus 60 Tage Zeit.

An dieses Zeitlimit hat sich die Regierung gehalten und am Sonntag dazu debattiert: mit dem Ergebnis, dass in 90 Tagen erneut dazu getagt werden soll. Guter Wille, zur Aufklärung dieses schwarzen Tages mit 1.200 Toten und 251 nach Gaza verschleppten Geiseln beizutragen, sieht anders aus. Während noch immer 73 Geiseln – viele wohl mittlerweile tot – in Gaza verbleiben, nutzte Netanjahu die Diskussion über die Untersuchung, um zu betonen: Die Waffenruhe sei eh nur temporär.

Es ist der neueste Move des Konflikts zwischen Israels Regierung und dem Obersten Gericht. Doch auch abgesehen davon ist recht klar, warum Netanjahu sich so verweigert: Eine unabhängige Untersuchung attestierte vergangenen Herbst, dass er alle „Entscheidungszentren“ vor dem 7. Oktober untergraben habe. Netanjahu und seine Hörigen hätten über die Jahre immer wieder Entscheidungen getroffen, die Israel verwundbar für eine Invasion der Hamas machten – etwa, dass sie dem Emirat Katar jahrelang erlaubten, Gelder an die Hamas zu liefern.

Eine staatliche Untersuchung – deren Befugnisse weiter reichen würde als die bisheriger Aufklärungsversuche – würde Netanjahu sicherlich weiter in Erklärungsnot bringen. Also tut er, was er am besten kann: taktieren, Allianzen nutzen, die Dinge schönreden. Wenn ihm das nicht mehr möglich ist, weil die Fakten offenliegen, weil ihm der Spielraum fehlt, anderen die Schuld weiterzuschieben, könnten viele ihn endlich als denjenigen sehen, der er ist: einer, der bereit war, alles zu tun gegen einen palästinensischen Staat. Und dabei so blindwütig vorging, dass im Schatten seiner Entscheidungen das Grauen des 7. Oktober heranwachsen konnte.

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Lisa Schneider
Redakteurin für Nahost
Redakteurin für Westasien & Nordafrika.
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2 Kommentare

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  • Bitter ist doch auch, dass Bibi immer wieder aufs Neue gewählt wird. Ich meine, machen 'wir' mit unseren Konservativen natürlich auch, aber dadurch wird's nicht besser...

  • Jemand, dem ich nicht einmal einen Gebrauchtwagen abkaufen würde, reitet nicht nur sein eigenes Volk immer tiefer rein, und das ausschließlich zum Schutz der eigenen Person vor Strafverfolgung. Ich frage mich schon, wie lange die israelische Justiz dieses Spiel noch mitspielen möchte, in dessen Folge unzählige weitere Tote auf beiden Seiten, der israelischen und der palästinensischen, den Preis dafür zahlen werden.



    Maximale Eskalation zahlt nur auf das Konto der Extremisten beider Seiten ein. Und Herr Trump gießt Öl ins Feuer...