60 Jahre Israel: Mit Feuer in den Augen
Vor Israels 60. Gründungstag zeigt Arte (21 Uhr) die Doku "Erez Israel, heim ins gelobte Land" - über die Versuche amerikanischer Freiwilliger, jüdische Flüchtlinge 1947 nach Palästina zu bringen.
Der Krieg war vorbei, und Paul Kaminetzki arbeitete in einem Plattenladen in New York. Eines Morgens erreichte ihn ein Anruf. Wolle er seinen Leuten helfen, solle er sich an der Ecke 39. Straße und Lexington Avenue einfinden. Ein Mann in schwarzer Lederjacke werde mit einer Zeitung unter dem Arm vorbeikommen. Lande die Zeitung in einem Mülleimer, werde er verfolgt, die Aktion sei abgeblasen. Wenn nicht, solle Kaminetzki ihm folgen.
Mit der Geschichte dieses konspirativen Treffens beginnt Alan Rosenthals Dokumentation "Erez Israel, heim ins gelobte Land". Sie handelt davon, wie amerikanische Freiwillige, organisiert von der jüdischen Untergrundorganisation Haganah, 1947 versuchen, jüdische Flüchtlinge nach Palästina zu bringen. Kaminetzki hat in der Marine gedient, wie Murray Greenfield, den ein Zionist in der Synagoge anspricht, oder Harold Katz, Jurastudent in Harvard. "Wenns kein Geld gibt," erinnert sich Greenfield im Film an seine damalige Einschätzung, "muss es wohl eine wichtige Sache sein."
Nicht nur ehemalige jüdische Marinesoldaten werden für das Unternehmen rekrutiert. Auch ein Ire und ein Pole sind dabei. Der eine hasst die Briten, der andere spricht besser als alle anderen Jiddisch. Sie stechen auf dem fast 50 Jahre alten Eisbrecher "Tradewinds" unter panamaischer Flagge in See. Die Mannschaft hat den Auftrag, jüdische Displaced Persons "heim nach Palästina" zu bringen. Die Formel ist durch und durch zionistisch. Und doch hat sie ihre Berechtigung, wie der Film zu vermitteln sucht: Diese Leute haben keine andere Heimat mehr. 150.000 leben in DP-Lagern vor allem in Deutschland und Österreich.
Doch es sollen keine Flüchtlinge mehr in Palästina aufgenommen werden. Die Briten fürchten den Zorn der Araber. Rosenthals Film lässt die britischen Soldaten zu Wort kommen, denen die traurige Aufgabe zukam, Leute hinter Stacheldraht zu sperren, die eben den Konzentrationslagern der Nazis entkommen waren. Diese britische Politik bleibt lange unwidersprochen, bis man sich entschließt, tausende von Flüchtlingen, die es auf der "Exodus 1947" bis nach Haifa geschafft haben, zurück nach Deutschland zu schicken. Die Weltöffentlichkeit ist empört.
Auch die "Tradewinds" wird entdeckt und aufgebracht. Die Flüchtlinge hissen die jüdische Flagge, benennen das Schiff in "Hatikva" um und bewerfen die enternden britischen Soldaten mit Dosen. Auf Zypern werden sie interniert. Doch die Arbeit von Kaminetzki, Greenfield und Katz, die ihre Geschichte mit Feuer in den Augen vor der Kamera erzählen, ist nicht vorbei. Sie versenken das Schiff, das sie aus Zypern in ein Lager nach Palästina gebracht hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“