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50 Jahre Brennelementefabrik LingenProteste gegen Kooperation mit Putin ​

Die Lingener Brennelementefabrik feiert ihr 50-jähriges Bestehen mit einer Gala. Atomkritiker sind nicht geladen. Sie wollen stattdessen demonstrieren.

Atomkraftgegner wollen die Jubiläumsfeier von Advanced Nuclear Fuels GmbH stören Foto: diebildwerft/imago

Berlin taz | Ein „Gala-Abend“ für die Mitarbeitenden sowie für Ver­tre­te­r:in­nen aus Politik und Wirtschaft ist angekündigt, und ein „Nachbarschaftstag“ auf dem Firmenparkplatz. Die Betreiberin der Lingener Brennelementefabrik, die Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF), feiert an diesem Wochenende ihr 50-jähriges Bestehen. Atom­kraft­geg­ne­r:in­nen wurden nicht eingeladen. Sie wollen aber trotzdem kommen: Für Sonntag haben örtliche Initiativen und die Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt zu einer Demonstration aufgerufen. Sie kritisieren insbesondere, dass ANF mit dem staatlichen russischen Atomkonzern Rosatom kooperieren will, um auch AKW in Osteuropa mit speziellen Brennelementen beliefern zu können.

1975 als Exxon Nuclear Fuels GmbH gegründet, begann ANF 1979 mit rund 100 Beschäftigten die Produktion von Brennelementen für Atomkraftwerke. Außerdem gibt es auf dem Gelände Lagerbereiche für die fertigen Brennelemente, für Uranhexafluorid und für radioaktive Abfälle. 2022 wurden eine neue Halle für die Wartung von Brennelementetransportbehälter und ein Trainingszentrum gebaut.

Die Lingener Brennelementschmiede ist die einzige Fabrik dieser Art in Deutschland. Ebenso wie die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau ist sie vom deutschen Atomausstieg ausgenommen. ANF ist eine hundertprozentige Tochter des französischen Nuklearriesen Framatome, beschäftigt heute rund 400 Menschen und betreibt im bayerischen Karlstein eine weitere Fabrik, in der Komponenten für Brennelemente hergestellt werden.

Weil die Nachfrage zuletzt schwächelte, will ANF seine Produktpalette um Brennelemente für Atomkraftwerke russischer beziehungsweise sowjetischer Bauart erweitern. Dafür braucht es Maschinen und das Fachwissen von Rosatom. Ein Antrag aus Lingen zur Zusammenarbeit liegt dem niedersächsischen Umweltministerium zur Genehmigung vor.

Ausbau mithilfe von Rosatom trotz Krieg und Sanktionen

„Wer heute auf Know-how, Lizenzen und Uran aus dem Kreml setzt, verschafft Putin strategische Vorteile für Jahrzehnte und bindet Europa an Moskaus geopolitische Agenda“, sagt Bettina Ackermann von Ausgestrahlt. Während die EU schärfere Sanktionen gegen den Kreml plane, halte Framatome/ANF in Lingen unbeirrt an Plänen fest, die Brennelementefabrik mit Unterstützung der russischen Atombehörde Rosatom auszubauen.

Alexander Vent vom Lingener Bündnis AgiEL (Atomkraftgegner:innen im Emsland) weist darauf hin, dass der Verfassungsschutz erst kürzlich vor der Zunahme von Spionage, Cyberattacken und Sabotage aus Russland gewarnt hat: „Wer Brennelemente mit dem Kreml produziert, spielt Putin direkt in die Hände – und setzt die Menschen hier in Lingen und der Region einem zusätzlichen Risiko aus.“ Der Einstieg von Rosatom in die Brennelementefertigung in Lingen sei „sicherheitspolitischer Irrsinn“ und müsse gestoppt werden.“

Die Demonstration der Initiativen beginnt am Sonntag, 7. September, um 11 Uhr am Werksgelände, Am Seitenkanal 1, in Lingen.

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