piwik no script img

419 Celebrities

■ „Berühmte Frauen“ - Ein Kalender aus dem Computer

Ich gehöre zu denen, die mit Geschichtsdaten gequält wurden. Bis auf „333, bei Issus Keilerei“ habe ich alle vergessen. Den berühmtesten Frauen aus Luise F. Puschs Computer wird vermutlich ein ähnliches Schicksal zuteil. Dabei klingt die Idee zunächst einleuchtend. Statt die Geburts– oder Todestage berühmter Männer zu feiern, erinnern sich Frauen in Zukunft an Frauen. Warum 1988 den 200. Geburtstag von Eichendorff begehen und nicht auch den 150. Todestag der Schriftstellerin Johanna Schopenhauer? „Männer machen ständig Reklame für sich“, schreibt Luise F. Pusch im Nachwort zu ihrem Kalender „Berühmte Frauen“. „Bringen wir uns endlich in Erinnerung“, fordert die streitbare Linguistin, „machen wir uns breit.“ Der Kalender will an jedem Tag des Jahres an eine berühmte Frau erinnern, dazu gibt es wöchentlich eine Kurzbiograhie. Zusammengekommen sind die Namen von 419 Frauen, von Künstlerinnen, Politikerinnen und Wissenschaftlerinnen, die Luise F. Pusch und ihre Mitarbeiterin Ursula Reis aus dem Computer abgerufen haben. Daß wir immer noch zu wenig wissen von unseren Schwestern von gestern sei unbestritten. Aber der Kalender hilft unserem Gedächtnis nicht auf die Sprünge. Ich kenne weder die 200jährige Malerin Emma Sophie Körner, noch die niederländische Botanikerin Johanna Westerdijk, an deren 105. Geburtstag ich mich am 4. Januar 1988 erinnern soll. Der Kalender mag Journalistinnen und Wissenschaftlerinnen anregen, sich dieser Ex–Berühmtheiten anzunehmen und fleißig Portraits zu schreiben. Die anderen Frauen werden mit diesem Datensalat nichts anfangen können. Schade. Heide Soltau Berühmte Frauen. Kalender für 1988, erstellt von Luise F. Pusch unter Mitarbeit von Ursula Reis. Suhrkamp–Verlag. 12 DM

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen