30.000 Mann mehr für Afghanistan: Keine Wende in der US-Strategie
Die große Neuausrichtung im Krieg gegen die Taliban und al-Qaida dürfte ausbleiben. Die US-Truppen am Hindukusch sollen um gut 30.000 Mann verstärkt werden.
WASHINGTON taz | US-Präsident Barack Obama will den "Job" in Afghanistan entschlossen zu Ende bringen. In Kürze werde er seine mit Spannung erwartete Strategie verkünden, sagte der Präsident am Dienstag. US-Medien gehen davon aus, dass Obama am 1. Dezember nach dem verlängerten Wochenende zu Thanksgiving Klartext redet. 25.000 bis 34.000 zusätzliche Soldaten werde Obama demnach an den Hindukusch schicken. Die geplante Aufstockung bleibt damit deutlich unter der von Isaf-Kommandeur Stanley McChrystal geforderten 40.000 Soldaten.
Seine künftige Strategie werde sich drastisch von der seines Vorgängers George W. Bush unterscheiden, verriet der Präsident außerdem auf einer Pressekonferenz mit Indiens Premierminister Manmohan Singh. Ziel sei es, Afghanistan zu stabilisieren und es dem Terrornetzwerk al-Qaida unmöglich zu machen, aus der Region weitere Attacken gegen die USA zu starten. "Nach acht Jahren, in denen wir weder die nötigen Truppen noch die Strategie hatten, um die Arbeit dort zu erledigen, ist es meine Absicht, den Job zu Ende zu bringen", sagte Obama.
Obama hatte sich am Vorabend zum neunten und letzten Mal mit seinem sogenannten Kriegsrat über die künftige Strategie abgestimmt. Der Präsident nannte die Treffen mit hochrangigen Militärs, Diplomaten und Experten "umfassend und extrem nützlich".
Zehn Nato-Staaten wollen nach Angaben des britischen Premierministers Gordon Brown insgesamt 5.500 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan entsenden. Brown habe diesbezüglich auch an Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen geschrieben, sagte sein Sprecher Simon Lewis am Mittwoch. Um welche Länder es sich handelt, teilte die britische Regierung nicht mit. Die Slowakei hat jüngst angekündigt, 250 zusätzliche Soldaten an den Hindukusch zu verlegen. Brown hat die Entsendung von zusätzlich 500 Soldaten angekündigt. Großbritannien hat derzeit 9.000 Soldaten in Afghanistan. (ap)
Mitarbeiter des Präsidenten erklärten der New York Times, Obamas Interesse gelte auch dem zivilen Aufbau in der Region. "Richtig glücklich wirkt er mit seiner Entscheidung immer noch nicht", sagte ein Regierungsmitarbeiter der Zeitung. Das möge daran liegen, dass in seinem Team nach wie vor sehr gespaltene Meinungen über die Afghanistanstrategie herrschen. So ist Vizepräsident Joe Biden dafür, die Truppenstärke zu verringern und Terroristen mit unbemannten Drohnen von Pakistan aus zu bekämpfen. Auch der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, einst US-Oberbefehlshaber am Hindukusch, warnt mit Blick auf die korrupte Regierung des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai vor Truppenverstärkung. Schließlich warnte auch noch der Budgetchef des Weißen Hauses, Peter Orszag, dass jeder Soldat, der nach Afghanistan geschickt werde, den Staat im Jahr eine Million Dollar koste. In den Reihen der Demokraten gebe es "ernsthafte Beunruhigung darüber, ob wir uns diesen Krieg leisten können", sagte die Sprecherin des Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi. Doch laut Obamas Sprecher Robin Gibbs gehe es "nicht nur darum, wie man die Leute dahin bekommt, sondern um die Strategie, sie da wieder rauszuholen".
Mit anderen Worten: eine Exit-Strategie. Obama rüstet zunächst am Hindukusch auf, um dort für größtmögliche Stabilität zu sorgen. Vor der nächsten Wahl könnte er dann mit dem Abzug beginnen. "Ich bin davon überzeugt, dass die amerikanische Bevölkerung uns unterstützt, wenn wir ihr erst einmal erläutert haben, was wir vorhaben und wie wir unsere Ziele erreichen wollen", sagte Obama am Dienstag selbstbewusst. Nach Meinungsumfragen lehnt die Mehrheit der US-Amerikaner den Krieg inzwischen ab.
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