300 Milliarden Euro Abschreibung: Großbanken steuern auf Pleite zu

Die 20 größten deutschen Banken müssen offenbar knapp 300 Milliarden Euro abschreiben. Finanzminister Steinbrück ist trotzdem dagegen, faule Wertpapiere in eine "bad bank" auszugliedern.

Gehen bald die Lichter aus in der Frankfurter Bankenskyline? Bild: dpa

Die Krise der deutschen Banken ist noch längst nicht vorbei: Allein die 20 größten Institute sollen auf "toxischen Wertpapieren" im Wert von knapp 300 Milliarden Euro sitzen - wovon bisher nur etwa 75 Milliarden abgeschrieben seien. Dies meldet der aktuelle Spiegel, der sich auf eine Umfrage der Bundesbank und der Bankenaufsicht BaFin beruft. Der Großteil der Schrottpapiere würde noch immer zu völlig "illusorischen Werten" in den Büchern der Banken stehen.

Das Bundesfinanzministerium wollte die Spiegel-Zahlen am Wochenende nicht bestätigen. Allerdings gehe auch die Regierung davon aus, dass sich noch enorme Risiken in den Bankbilanzen verbergen, hieß es. Finanzexperten schätzen, dass der Abschreibungsbedarf bei allen deutschen Banken rund 1 Billion Euro betragen könnte. Dies würde das Eigenkapital der Institute bei weitem übersteigen. Die Banken wären insolvent.

Von den Instituten wird daher immer wieder die Idee einer bad bank ins Gespräch gebracht. Dabei würde es sich um eine staatliche Spezialbank handeln, die den Instituten die problematischen Wertpapiere abkauft, um die Bilanzen zu entlasten. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) lehnt eine bundeseigene bad bank jedoch ab, wie er jetzt nochmals in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung kundtat: "Ich kann sie mir ökonomisch und vor allem politisch nicht vorstellen." Denn eine bad bank müsste mit einem staatlichem Kapital von mindestens 150 oder gar 200 Milliarden unterlegt sein. "Das Publikum würde uns für verrückt erklären."

Eine sehr bescheidene bad bank gibt es allerdings schon in Deutschland: Der Rettungsplan für die Banken sieht vor, dass pro Institut faule Wertpapiere in Höhe von 5 Milliarden Euro vom Staat übernommen werden können - allerdings nur für maximal drei Jahre. Dann muss die Bank ihre Papiere wieder zurückkaufen. Sie kann ihre Bilanzen also nicht dauerhaft bereinigen. Diese Befristung wird dafür verantwortlich gemacht, dass bisher noch kein einziges Institut die Möglichkeit genutzt hat, seine faulen Kredite an den Staat abzuschieben. Stattdessen haben die Banken vor allem Staatsgarantien und gelegentlich Eigenkapitalhilfen beantragt.

Eine bad bank hingegen würde die faulen Wertpapiere komplett übernehmen. Doch was ist ein "faules" Wertpapier? Die Banken könnten geneigt sein, auch Wertpapiere auszulagern, bei denen das Ausfallrisiko eher gering ist. Hinzu kommt das Problem, dass bei vielen Papieren der Markt zusammengebrochen ist - und sich nicht ermitteln lässt, welcher Preis angemessen wäre, den der Staat zu entrichten hat. Diese Bewertungsprobleme seien unlösbar, befand BaFin-Chef Jochen Sanio bereits vor einiger Zeit. Auch er ist gegen eine Bank für faule Papiere.

Im Ausland wird ebenfalls an neuen Rettungsplänen getüftelt. In Großbritannien verlautet aus Regierungskreisen, dass man den angeschlagenen Großbanken eine staatliche Versicherung gegen Kreditausfälle anbieten wolle. Die Banken müssten nur eine Gebühr entrichten - und ihre Risiken komplett offenlegen. Alternativ wird über eine bad bank nachgedacht, die den britischen Banken faule Kreditpapiere in Höhe von bis zu 200 Milliarden Pfund abnehmen soll.

Das Team um den neuen US-Präsidenten Barack Obama scheint ebenfalls eine solche Bank zu erwägen. Ein Berater kündigte eine "neue Initiative" in den nächsten Tagen an. Nobelpreisträger Paul Krugman kommentiert in seinem New-York-Times-Blog bissig: "Und wie stellen wir sicher, dass es nicht ein gigantisches Geschenk für die Finanzindustrie wird?"

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