30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention: Schutz statt Schutzhaft

Am 30. Geburtstag der UN-Kinderrechtskonvention fordern Flüchtlingshilfe-Organisationen, junge Geflüchtete aus griechischen Lagern aufzunehmen.

Protestplakat junger Geflüchteter in Griechenland, 2017 Foto: dpa

Zum heutigen 30. Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention fordert ein Zusammenschluss aus 19 Berliner Organisationen der Flüchtlingshilfe in einem offenen Brief an den Bürgermeister und die Regierungsfraktionen die sofortige Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter (UMG) aus Lagern in Griechenland.

Nach offiziellen Schätzungen harren dort derzeit rund 4.100 geflüchtete Minderjährige ohne Begleitpersonen unter extrem prekären Umständen aus. „Schon lange sind die katastrophalen Bedingungen in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln bekannt“, so Ronald Reimann, Projektkoordinator bei Xenion, einer der unterzeichnenden Organisationen. Zuletzt kam es gar zu Bränden. „Oft gibt es nicht einmal Zelte“, berichtet Reimann.

Die elternlosen Jugendlichen würden zum Teil wegen fehlender Betreuung in Schutzhaft genommen. Das bedeute oft eine Unterbringung im Keller irgendeiner Polizeistation. Angesichts des nahenden Winters und der Zuspitzung der humanitären Situation haben sich nun lokale Jugendhilfen, Beratungsstellen und Lobby-Organisationen an die Berliner Regierung gewandt.

„Berlin hat die Strukturen für die sofortige Aufnahme mehrerer hundert Minderjähriger“, so Reimann. Demnach halte die zuständige Clearing-Stelle seit dem Migrationssommer 2015 stets Plätze für Neuankömmlinge bereit. Derzeit überlege man gar bei der Jugendhilfe wieder Stellen abzubauen. Freiwillige Vormünder würden sich laut den Unterzeichern zur Genüge finden, sobald man dazu aufrufe.

„Ball liegt beim Bund“

Der Senat und die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und Linken äußerten sich bisher nicht offiziell zu den Forderungen. Der taz gegenüber signalisierten Linke und Grüne allerdings ihre Offenheit. Die Sprecherin der Berliner Grünen für Integration und Flucht, Bettina Jarasch, sieht ihre Partei auf einer Linie mit dem Aufruf. „Wir haben gerade einen Antrag für den Parteitag Anfang Dezember gestellt, in dem wir fordern, durch öffentliche Erklärungen dieser Art Druck auf das Innenministerium aufzubauen“, berichtet Jarasch. „Es ist gut, dass jetzt die Akteure aus der Praxis bestätigen, dass die nötigen Kapazitäten vorhanden sind.“

Thomas Barthel, Pressesprecher der Linksfraktion, gibt zu bedenken, dass trotz aller Bereitschaft der Ball letzten Endes beim Bund liege: „In der Vergangenheit ist ja die Aufnahme Geflüchteter von Rettungsschiffen immer am Innenminister gescheitert.“ So geschehen beispielsweise im Falle der Sea-Watch 3. Eine vom Senat geplante Bundesratsinitiative fordert daher die Möglichkeit, unabhängig von Bund und Innenministerium humanitäre Aufnahmeprogramme einrichten zu dürfen.

Zu der humanitären Verpflichtung kommt für Ronald Reimann von Xenion noch ein Aspekt hinzu: „Gerade in einem Land der EU, wo viele sonst ihr Urlaubsglück suchen, können wir Kinder nicht solchen Zuständen aussetzen.“ Das sei auch eine Frage der europäischen Solidarität. Die Strukturen seien da, „man muss es nur wollen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.