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21 Jahre Pogrom in HoyerswerdaNazis greifen Kulturprojekt an

In Hoyerswerda wurde am Samstag an die ausländerfeindlichen Pogrome gedacht. Rechte stören die Demo und greifen abends eine alternative Party an.

1991 in Hoyerswerda: Die Polizei setzt Wasserwerfer ein – gegen linke Demonstranten. Bild: dpa

HOYERSWERDA epd | Neonazis haben nach einer Gedenkdemonstration zur Erinnerung an die rassistischen Krawalle von 1991 in Hoyerswerda am Samstag nach Angaben der Kampagne „Rassismus tötet“ ein Kulturprojekt in der Stadt angegriffen. Die Teilnehmer einer alternativen Party hätten sich in dem Gebäude verbarrikadiert, sagte ein Sprecher dem epd am Sonntag in Hoyerswerda. Die Angreifer hätten bereits zuvor die Gedenkdemonstration gestört.

Nach Angaben der Polizei haben mehrere Angehörige der rechten Szene nach 22 Uhr versucht, auf das Fest zu gelangen. Dies sei von den Veranstaltern verwehrt worden, sagte ein Polizeisprecher in Görlitz. Die Angelegenheit sei jedoch friedlich verlaufen, die „eher rechte Klientel“ habe sich zurückgezogen. Die Polizei sei bis zwei Uhr nachts vor Ort und mit Streifen in der Umgebung im Einsatz gewesen.

Zum 21. Jahrestag der ausländerfeindlichen Pogrome von Hoyerswerda hatten in der sächsischen Stadt zuvor mehrere hundert Menschen gegen Rassismus demonstriert. An der Demonstration beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 450 Menschen, die Veranstalter sprachen von 500 Teilnehmern. Aufgerufen hatten die Initiative „Pogrom 91“ aus der Stadt und die bundesweite Kampagne „Rassismus tötet“.

Angekündigte Störung

Die Demonstration sei „lautstark und friedlich“ verlaufen, teilte die Polizei im Anschluss mit. Zwei 28 und 30 Jahre alte Männer aus der rechten Szene wurden den Angaben zufolge in Gewahrsam genommen, weil sie gegen das Vermummunsgverbot verstoßen haben. Gegen zwei weitere Personen werde wegen Volksverhetzung ermittelt, weil sie den Hitler-Gruß gezeigt hätten. Insgesamt seien rund 30 „Gegendemonstranten“ gezählt worden.

Neonazis hätten zuvor über Facebook und mit Schmierereien in Hoyerswerda angekündigt, die Demonstration zu stören, hieß es bei der Kampagne „Rassismus tötet“.

Die Stadt will künftig mit einem Mahnmal an die tagelangen fremdenfeindlichen Krawalle im September 1991 erinnern. Derzeit läuft ein Wettbewerb unter dem Motto „Hoyerswerda vergisst nicht – wir erinnern“, bei dem Künstler ihre Ideen für eine Gedenk-Ort einreichen sollen.

Bei den mehrtägigen Ausschreitungen vom 17. bis 24. September 1991 hatten rechtsgerichtete Gewalttäter ein Vertragsarbeiterheim und ein Asylbewerberheim in Hoyerswerda angegriffen. Hunderte Bürger stachelten sie mit Beifall an. Den Übergriffen folgte eine Serie rassistischer Gewalttaten in Deutschland. Seither gilt Hoyerswerda in der Öffentlichkeit als Synonym für Ausländerfeindlichkeit, Intoleranz und Rechtsextremismus.

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7 Kommentare

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  • SU
    Streitereien unter linken Demokratiefeinden

    Neo-National-Sozialisten greifen Neo-Demokratische-Sozialisten an. Die Ersteren kurz "Nazis" genannt möchten eine nationalsozialistische Diktatur ohne Ausländer, die Zweitern "Alternative","Aktivisten",etc.etc. genannt wollen eine internationale Diktatur in der alle keine Rechte haben und die Deutschen noch ein bißchen weniger. Gegner kommen entweder ins "KZ" oder in den "Gulag" wobei sich da bestimmt jede der beiden sozialistischen Gruppen einen neuen Namen ausdenkt. Die Nazis haben keine Freunde in der Presse die anderen dafür jede Menge. Das erklärt den Artikel. Normalbürger wollen beide nicht, dürfen aber weder mitentscheiden noch mitreden.

  • M
    Marx

    @Antimarx

     

    Ich weiß ja nicht was mit dir verkehrt ist? 1991 hat ein Mob von Nazis und Bürgern versucht Menschen, die nicht in ihr kleines deutsches Weltbild passen, gewaltsam und unter in kaufnahme von Toten aus der Stadt zu vertreiben und dein einziges Problem ist das Ansehen von Hoyerswerda? Sorry aber Hoyerswerda ist ein Synonym für den Rassismus der so genannten Mitte der Gesellschaft. Daher ist ein Gedenken an diesen Tag eine Mahnung gegen Rassismus, der nach wie vor relevant ist. Das hat mit Schuld-Kult nichts zu tun.

  • A
    AntiAntimarx

    Die Schuldkultur kommt nicht von der Presse und von der Demo gegen Rassismus, sondern sie kommt daher, dass dort der enthemmte Volksmob gewütet hat. Es gäbe sonst nichts, über das in dieser Form geredet werden könnte.

    Wer anderen Menschen so etwas antut, braucht sich nicht zu beschweren, dass niemand mehr Geschäfte mit ihm macht. Wer dort nicht abhaut, wo Menschen so etwas tun, oder sich nicht dagegen stellt, der braucht auch nicht vom "richtigen im falschen" faseln.

  • AD
    Ahmet der Doische

    Die wollen doch nur spielen.

     

    Wenn Ihr's nicht glauben wollt, fragt doch mal Eure geschätzte Internet-SA vom eitrigen Naziblog "PI-News".

  • A
    antimarx

    Ich würde mich auch gegen diese "Schuld-Kultur-Inzenierung" wie in Rostock-Lichtenhagen oder in Hoyerswerda wehren. Das ist widerliches Gutmenschengehabe.

     

    Vor allem als deren Einwohner, denn Hoyerswerda ist touristisch und wirtschaftlich nie mehr auf die Beine gekommen, nachdem die Presse übertrieben oft über Hoyerswerda berichtet hat und so die Stadt und Region quasi verbrannt hat. Das ist der schwere Nachteil dieser Aktionen, zurück bleiben dort nur noch die Abgehängten und Arbeitslosen Alten. Das die die Vernichtung ihrer Region nicht noch feiern wollen, ist nur verständlich.

  • BI
    Bundeswehr im Einsatz?

    Bundeswehr im innerdeutschen Einsatz? ---> siehe Foto (Militärfahrzeug)

  • N
    Nameless

    Also bitte.

     

     

    Nach heutigem Sprachgebrauch heißt es höchstens" Wütende Bürger protestierten. Durch besonnenens Verhalten verliefen die Demonstrationen aber unblutig.