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20 Jahre Haft für Datenklau"Soupnazi" muss hinter Gitter

Ein 28-jähriger Mann muss für 20 Jahre in den Knast. Mit Komplizen hatte er mit Hackerangriffen mehr als 200 Millionen Dollar Schaden verursacht. Seine Begründung: Internet-Sucht und Unfähigkeit.

Mit Laptops in freie WLAN-Netze eingeloggt und Daten gesaugt. Bild: dpa

BOSTON apn | Für einen der bisher größten Fällen von Datenklau und Kreditkartenmanipulationen der US-Geschichte muss ein 28-jähriger Hacker aus Miami 20 Jahre ins Gefängnis. Richterin Patti Saris verkündete das Strafmaß für Albert Gonzalez am Donnerstag in Boston nach einer Absprache zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft. Möglich war nach deren Vereinbarung eine Haftstrafe zwischen 15 und 25 Jahren.

Gonzalez, der mit einem internationalen Hacker-Ring bei Firmen, Banken und Versicherungen Schäden von fast 200 Millionen Dollar verursacht hat, entschuldigte sich. Gier sei nicht sein Antrieb gewesen, vielmehr sei die Sache durch seine Unfähigkeit, die Datenjagd zu stoppen und seine Internet-Sucht außer Kontrolle geraten. "Ich mache niemandem außer mir selbst Vorwürfe", sagte er.

Gonzalez hatte sich vor dem Bezirksgericht in Boston in 19 Fällen der Verschwörung, Computerverbrechen und des schweren Datendiebstahls schuldig bekannt. Wäre er ohne Schuldeingeständnis in allen Anklagepunkten verurteilt worden, hätte sich eine Strafe von mehreren hundert Jahren Haft angesammelt.

Gonzalez, der Online unter dem Namen "soupnazi" bekannt war, fiel bereits 2003 wegen Datenklaus im Internet auf. Er wurde damals aber nicht angeklagt, weil der US-Geheimdienst den genialen Autodidakten dafür anwarb, Jagd auf andere Hacker zu machen. Den Ermittlern zufolge brach er in den folgenden fünf Jahren aber dennoch in die Computersysteme der 500 reichsten Unternehmen ein - obwohl er zugleich für den Secret Service arbeitete.

Zusammen mit professionellen Hackern in drei US-Staaten, der Ukraine und Russland machte Gonzalez mit dem Ausspionieren von Kreditkartennummern im Internet und deren Verkauf auf den Schwarzmarkt Kasse. Zum Teil gingen die Hacker auch selbst an Geldautomaten und hoben mit fremden Kartendaten erhebliche Beträge ab. Allein Gonzalez wurden 2,8 Millionen Dollar nachgewiesen, die er für eine Wohnung in Miami, ein Auto, eine Rolex-Uhr und einen teuren Ring für seine Freundin ausgab.

Gonzalez und seine Komplizen stahlen laut Schätzung der Staatsanwaltschaft mehrere Millionen Geld- und Kreditkartendaten. Unternehmen und Banken mussten deswegen Millionenbeträge für die Löschung und Neueinrichtung von Konten ausgeben, die Sicherheit ihrer Netzwerke ausbauen und in den Kundendienst investieren.

Die Vorgehensweise der Hacker laut Staatsanwaltschaft: Sie fuhren auf die Parkplätze beispielsweise von Kaufhäusern und drangen mit ihren Laptop-Computern in deren drahtlose Netzwerke ein. Mit speziellen Spionageprogrammen saugten sie Geld- und Kreditkartendaten aus den Systemen, die sie dann im Ausland zu verkaufen suchten.

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6 Kommentare

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  • J
    Jay

    Ist ja niedlich, wie einige TAZ-Leser das Thema Cyberkriminalität verharmlosen. Wie weit hinterm Mond lebt Ihr eigentlich?

    Es werden überall immer mehr Computer aufgebaut, das meiste läuft heute digital ab. Datenklau ist der Einbruch von morgen; ne, schon von heute. Nach Eurer Auffassung hat aber der Beklaute Schuld, weil er sich nur das Sicherheitsschloss geleistet hat, das für Profis kaum ein Hindernis ist, und nicht das Hochsicherheitsschloss, das ein bisschen mehr Zeit und Mühen kostet. Derjenige hat Schuld, der sich das ABUS-Fahrradschloss für nur 20 statt 100 Euro kauft und dann beklaut wird, und nicht der Dieb, der so entschlossen ist, dass er mit einer Akku-Flex durch die Stadt läuft oder einem Bolzenschneider von der Baustelle, und den deshalb herkömmliche und eigentlich ausreichende Schutzmaßnahmen gar nicht interessieren. Selbst Schuld, was?!

    Solch ein idiotischer Standpunkt kann nur von Menschen vertreten werden, denen selbst noch nichts geklaut wurde, denen noch nicht die Wohnung ausgeräumt wurde, oder denen noch nicht das Konto geplündert wurde. OBWOHL sie vorsichtig sind. Ich wünsche diesen Menschen etwas mehr Verständnis... und dass sie das nächste Opfer von Kriminellen sind und plötzlich unverschuldet am Rande des Ruins stehen.

    Und die Strafen in den USA? Nun, in den USA ist eben ALLES größer, länger, schlimmer. Wer jedoch so viel kriminelle Energie entwickelt, wie der Verurteilte, und wer mit der internationalen Cybermafia Geschäfte macht, der ist kein Genie sondern ein... Krimineller. Und als solcher gehört er hinter Gitter. Das können auch Gutmenschen nicht anders sehen. Er ist außerdem ein Idiot, wenn er sein Potential nicht auf der "hellen" Seite der Macht zu nutzen weiß. (Ah, richtig, auf der dunklen gibt es mehr Geld. Stimmt ja.)

    Das eigentliche Problem dürften nicht einmal die amerikanischen Cyberkriminellen sein. Denn die sind ja irgendwann dingfest zu machen und kommen für Generationen von Computerupgrades hinter Schloss und Riegel. Die Kollegen aus Russland und Osteuropa, aber auch aus China sind ein viel größeres Problem. Denn die operieren aus nicht-demokratischen und hochkorrupten Staaten heraus. Die dortigen Behörden werden denen noch nicht einmal das Handwerk legen, wenn sie wissen, wer dahintersteckt, so lange jeder mitwissende Beamte ein bisschen was von den Milliardengewinnen abbekommt.

    Eine europäische Hochburg ist das nicht allzu weit entfernte Rumänien.

  • O
    Oliver

    Nur als Hinweis: "Soupnazi" ist ein Zitat aus der Fernsehserie "Seinfeld". (116. Folge der NBC-Sitcom.)

    siehe auch: http://en.wikipedia.org/wiki/The_Soup_Nazi

  • F
    flaubert

    1,50 pfandfrau fliegt und die lassen ihr system , licht einfach mal die ganz nacht an und solche strolche mit ihrem idioteneifer gehn der ganzen welt aufn zeiger incl. denen die sich zwar nen pc leisten können aber nicht die sicherheitshumbug software dazu.

  • T
    Tsaimath

    Sieht noch jemand die Ironie im Titelbild? Unterschrieben mit etwas über "ungeschützte WLan-Verbindungen" und abgebildet werden Lan-Kabel Verbindungen? Sind das die berühmten WLan-Kabel die es auch bei Ebay gibt?

  • A
    Andy

    Eindeutig zu hohe Strafe der Typ scheint ein Genie zu sein!

  • D
    Dennis

    unglaublich diese Paranoia vor dem "Cybercrime".

     

    Das er 20 Jahre bekommt?! Hätte er die 2,4 Millionen bloß geklaut oder geraubt dann wären es sicher unter 10 Jahren.

     

    Wieso wird dieser Mensch wegen "Cybercrimes" vom gleichen Staat verurteilt, der ihn zuvor zum "Cybercrime" angeleitet und offenbar jahrelang misbraucht hat?

     

    Und wo bleiben die Banken und Kaufhäuser selbst mit Ihrer Haftung? Wieso können diese Unternehmen die Investitution in sichere Infrastruktur als Schaden vor Gricht geltend machen . offenbar waren die Ausgaben ohnehin notwendig zeigt doch der Erfolg des Hackers?

     

    Und jetzt soll er einer Richterin persönliche und tiefe Reue schwören damit er nicht gleich 200 Jahre aufgebrummt bekommt und Hoffnung haben darf irgendwannn noch mal lebendig den Knast verlassen dürfen?

     

    Verkehrte Welt!