150 Tote bei Flugzeug-Absturz: „Keine Hypothese ist ausgeschlossen“
Auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf ist ein Airbus in Südfrankreich abgestürzt. Die Bergung wird Tage dauern, die Ursache ist unklar. Es gab kein Notsignal.
PARIS/FRANKFURT AM MAIN/BERLIN rtr/afp/dpa/taz | In den französischen Alpen ist am Dienstag ein Airbus der Gesellschaft Germanwings mit 150 Menschen an Bord abgestürzt. Frankreichs Präsident François Hollande sagte, es gebe wahrscheinlich keine Überlebenden. „Es ist eine Tragödie auf unserem Boden“, sagte der Präsident.
In der abgestürzten Maschine waren nach ersten Angaben von Germanwings 67 deutsche Staatsbürger. Das sagte Germanwings-Chef Thomas Winkelmann am Dienstag in Köln. Die Zahl könne sich noch ändern. Außerdem sollen vermutlich 45 Spanier unter den Opfern sein. Die Bergung der Leichen aus unwegsamen Gelände werde Tage dauern.
Das Flugzeug des Typs A320 von Airbus war demnach auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf. Der Absturzort sei im Département Alpes-de-Haute-Provence, berichtete AFP. Mehrere Medien berichteten, die Maschine sei im Bergmassiv Trois Evêches abgestürzt. Die Gegend befindet sich rund 100 Kilometer nordwestlich von Nizza in einem schwer zugänglichen, verschneiten Gebiet in den französischen Alpen.
Der Unglücksort im Gebirgsmassiv von Estrop sei „für Fahrzeuge nicht zugänglich“, sagte Verkehrs-Staatssekretär Alain Vidalies am Dienstag in der nordfranzösischen Stadt Lille. Das Gebiet habe aber mit Helikoptern überflogen werden können. Frankreichs Premierminister Manuel Valls sagte, ein Hubschrauber habe an der schwer zugänglichen Unglücksstelle in den Alpen landen können. Dabei sei „unglücklicherweise“ festgestellt worden, dass es keine Überlebenden gebe.
Die Unglücksursache war zunächst unklar. Nach den Worten von Valls sei keine Unglücksursache ausgeschlossen. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann keine Hypothese ausgeschlossen werden“, sagte Valls am Dienstagnachmittag im französischen Parlament.
Der Absturz soll französischen Medien zufolge aber nicht von schlechtem Wetter ausgelöst worden sein. Das Wetter sei ruhig gewesen, berichtete die Zeitung Le Monde unter Berufung auf die Wetterdienste „La Chaîne Météo“ und „Météo France“. „Die Bedingungen waren sogar optimal mit trockenem Wetter und komplett freiem Himmel am ganzen Vormittag“, hieß es am Dienstagnachmittag auf der Webseite von „La Chaîne Météo“.
Die Besatzung der Maschine hat entgegen erster Angaben kein Notsignal abgesetzt. „Die Besatzung hat kein 'mayday' gesandt“, stellte die französische Luftfahrtbehörde DGAC klar. Vielmehr habe die Luftraumkontrolle beschlossen, Alarm zu schlagen, nachdem es keinerlei Kontakt mehr zu der Besatzung und dem Flugzeug gegeben habe. Zuvor hatten die DGAC und Verkehrs-Staatssekretär Alain Vidalies erklärt, von der Maschine sei um 10.47 Uhr ein Notsignal gesandt worden.
Absturzursache unklar
Einem Bericht der Zeitung La Provence unter Berufung auf Luftfahrtvertreter zufolge befanden sich 144 Passagiere, zwei Piloten und vier Crewmitglieder an Bord. Trümmer der Maschine wurden laut französischem Innenministerium in den südlichen Alpen in der Region von Barcelonnette gefunden. Die Absturzursache war zunächst unklar. Die französische Zeitung Le Figaro berichtete, die Maschine sei gegen 11.20 Uhr vom Radar verschwunden.
Der Lufthansa liegen nach Aussagen von Konzernchef Carsten Spohr noch keine Erkenntnisse über den Grund für den Absturz eines Flugzeugs der Tochter Germanwings vor. „Wir können noch keine Angaben zum Unfallhergang bei Germanwings machen“, sagte Spohr am Dienstag in der Lufthansa-Zentrale am Frankfurter Flughafen.
Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve wollte sich an die Unglücksstelle begeben. Präsident Hollande wollte nach eigenen Angaben mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem spanischen König Felipe VI. sprechen, der am Dienstag zu einem Besuch in Paris erwartet wurde.
Maschine war 24 Jahre alt
Die Bundesregierung hat nach dem Absturz einer Germanwings-Passagiermaschine in Südfrankreich einen Krisenstab eingerichtet. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte am Dienstag in Berlin, das Auswärtige Amt stehe „in engstem Kontakt“ zu den französischen Behörden. Zu möglichen deutschen Todesopfern machte er zunächst keine Angaben. Er sagte: „Dazu kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts sagen.“
Steinmeier ergänzte: „In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei all denjenigen, die darum fürchten müssen, dass ihre Angehörigen unter den Passagieren oder Besatzungsmitgliedern sind.“ Unter der Rufnummer 030 -5000 3000 richtete das Auswärtige Amt eine Krisen-Telefonnummer ein.
Auch Germanwings hat Hotline für Angehörige von Passagieren eingerichtet. Sie ist unter der Nummer 0800 1133 5577 zu erreichen, wie ein Airline-Sprecher am Dienstag mitteilte.
Bei flightradar24.com lässt sich die Route des Fluges mit der Nummer 4U9525 nachvollziehen. Die Maschine war mehr als 24 Jahre alt. Nach Informationen der Website Airfleets.net war die Maschine vom Typ A320 am 6. Februar 1991 an die Lufthansa ausgeliefert worden. Zwischenzeitlich war der Jet mit 147 Sitzplätzen und der Kennung D-AIPX unter dem Städtenamen „Mannheim“ unterwegs. Ihren Jungfernflug hatte sie am 29. November 1990.
Die verunglückte Maschine war nach Angaben eines Germanwing-Managers seit Januar 2014 bei der Tochtergesellschaft Germanwings im Einsatz. Der letzte Routinecheck sei am Montag am Flughafen Düsseldorf vorgenommen worden, der letzte „große Check“ im Sommer 2013. Dies entspreche den Vorschriften der Airbus-Handbücher. Der Kapitän des Flugs hatte laut Winkelmann seit mehr als zehn Jahren für Lufthansa und Germanwings gearbeitet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption