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13. Spieltag Fußball-BundesligaSchiedsrichter-Drama überschattet Liga

Bundesliga unter Schock: Nach einem Selbsttötungsversuch von Schiedsrichter Rafati wurde das Spiel zwischen Köln und Mainz 05 abgesagt. Die restlichen Partien wurden dennoch gespielt.

Versuchte Selbstmord: Schiedsrichter Babak Rafati. Bild: dpa

KÖLN dpa | Die Bundesliga, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) stehen nach dem Suizidversuch von Schiedsrichter Babak Rafati unter Schock. Der sichtlich bestürzte und erschütterte DFB-Präsident Theo Zwanziger erklärte am Samstagabend auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Köln, Fremdverschulden sei ausgeschlossen.

"Es sind entsprechende Notizen gefunden worden", sagte Zwanziger. Nach Informationen des DFB-Chefs haben Rafatis Assistenten Patrick Ittrich, Holger Henschel und Frank Willenborg ihrem Kollegen das Leben gerettet.

"Es war sehr viel Blut zu sehen", schilderte der sehr bewegte Zwanziger den ihm übermittelten Sachverhalt. Rafati sei nicht zum vereinbarten Zeitpunkt mit seinen Kollegen zusammengetroffen. Daraufhin wurde das Zimmer des 41-jährigen Rafati geöffnet.

Der Unparteiische sei in der Badewanne aufgefunden worden. Nähere Einzelheiten wollte Zwanziger nicht bekanntgeben. Der Gesundheitszustand Rafatis soll sich nach Zwanzigers Erkenntnissen "schnell stabilisieren".

Nicht zu stoppen: Huntelaar, vergeblich bedrängt von Klose. Bild: dapd

Bis auf das abgesagte Spiel zwischen dem 1. FC Köln und dem FSV Mainz 05 fanden alle anderen Spiele wie geplant statt. Am Abend gelang Meister Borussia Dortmund ein 1:0-Erfolg im Topspiel bei Tabellenführer Bayern München (28). Die Dortmunder haben nach dem Coup als Tabellenzweiter genau wie Borussia Mönchengladbach 26 Punkte auf dem Konto und damit nur noch zwei Punkte Rückstand. Vierter ist der FC Schalke 04 (25).

13. Spieltag

Freitag, 18.11.2011:

1. Kaiserslautern - Leverkusen 0:2

Samstag, 19.11.2011:

FC Schalke - Nürnberg 4:0

SC Freiburg - Hertha BSC 2:2

1. FC Köln - FSV Mainz 05 abgesagt

Wolfsburg - Hannover 4:1

Gladbach - Bremen 5:0

Bayern München - Dortmund 0:1

Sonntag, 20.11.2011:

Stuttgart - Augsburg 15.30 Uhr

Hamburger SV - Hoffenheim 17.30 Uhr

Tabelle (Spiele, Tore, Punkte):

1. Bayern München 13 32:5 28

2. Dortmund 13 27:9 26

3. Bor. M'gladbach 13 20:9 26

4. FC Schalke 04 13 28:18 25

5. Werder Bremen 13 23:21 23

6. Leverkusen 13 17:16 21

7. Hannover 96 13 17:21 19

8. VfB Stuttgart 12 18:12 18

9. Hoffenheim 12 15:13 17

10. Hertha BSC 13 18:19 17

11. 1. FC Köln 12 20:26 16

12. VfL Wolfsburg 13 19:26 16

13. 1. FC Kaiserslautern 13 10:17 13

14. FSV Mainz 05 12 16:23 12

15. 1. FC Nürnberg 13 13:24 12

16. SC Freiburg 13 18:29 11

17. Hamburger SV 12 15:25 10

18. FC Augsburg 12 9:22 8

Gladbach und Schalke schafften zuvor klare Siege. Gladbach gewann auch dank eines toll aufspielenden Dreifachtorschützen Marco Reus das Verfolger-Duell gegen Werder Bremen mit 5:0. Der FC Schalke setzte sich mit 4:0 gegen den 1. FC Nürnberg durch.

Auch dem VfL Wolfsburg gelang am 13. Spieltag ein wichtiger Erfolg. Der Ex-Meister siegte im Nordderby mit 4:1 gegen Hannover 96. In der Nachspielzeit erkämpfte sich der FC Freiburg ein hochverdientes 2:2-Unentschieden gegen Hertha BSC. Nicht nur durch seinen Doppelpack war Stefan Reisinger der Mann des Spieles.

Am Freitag hatte sich Bayer Leverkusen mit 2:0 beim 1. FC Kaiserslautern durchgesetzt und den vierten Auswärtssieg des Saison geschafft.

Schalkes Klaas-Jan Huntelaar gelang im Duell der Altmeister gegen den 1. FC Nürnberg ein Doppelpack und die Pflichtspieltore 22 und 23. Im 200. Spiel von Huub Stevens als Schalke-Trainer war es zunächst Huntelaar (13.) und dann der erstmals als Kapitän aufgelaufene Raul, der seinen 20. Bundesliga-Treffer schaffte, ehe erneut Maskenmann Huntelaar (66.) und Lewis Holtby (84.) trafen. Der "Club" blieb auch im achten Spiel in Serie sieglos - so lange wartet in dieser Saison kein anderer Bundesligist auf einen Sieg.

Folgenschwere Unsicherheiten

Im heimischen Borussia-Park bleibt Mönchengladbach weiter ungeschlagen. Den in dieser Höhe nie erwarteten Erfolg, es war der fünfte Heimsieg, leitete Hermann (16.) ein. Im "kleinen Spitzenspiel" stürmten die Gladbacher wie junge Fohlen und die Bremer standen Spalier wie die Stadtmusikanten. Dreifachtorschütze Reus (23./38./51.) war einmal mehr in Galaform. Für den Schlusspunkt gegen desolate Bremer sorgte dann Arango (53.). Nach Gelb-Rot gegen Sokratis spielte Werder die letzte Viertelstunde in Unterzahl.

Acht Tage nach seinem Länderspieldebüt in der Ukraine leistete sich 96-Keeper Zieler in Wolfsburg gleich zwei folgenschwere Unsicherheiten, die Hasan Salihamidzic gnadenlos ausnutzte. "Brazzo" jubelte zunächst über seinen 51. Bundesliga-Treffer und war dann noch einmal zur Stelle. Die Gäste durften noch einmal hoffen, als Christian Schulz der Anschlusstreffer gelang.

Zwei Beine, drei Treffer: Marco Reus schiebt den Ball an Werders Tim Wiese vorbei ins Tor. Bild: dpa

Nach der Pause war es Chris (56.), der mit seinem Tor die Weichen für den fünfte Heimsieg der Wolfsburger am Stück im Nordderby gegen Hannover stellte. Als kurz darauf Hannovers Ya Konan wegen unsportlichem Verhalten vom Platz gestellt wurde, war endgültig alles klar. Per Freistoß erhöhte Alexander Madlung (74.) zum 4:1-Endstand.

In Freiburg war es der Kolumbianer Ramos, der Aufsteiger Hertha BSC mit seinem frühen Tor in Führung brachte. Zwei Wochen nach dem Erfolg über Nürnberg zeigten die Breisgauer erneut tolle Moral, denn nach einem verweigerten Foulelfmeter traf Herthas Peter Niemeyer kurz vor der Pause.

Drehte allein das Spiel: Stefan Reisinger. Bild: dpa

Stefan Reisinger schaffte nach einer Stunde den Anschlusstreffer und rettete in der vierten Minute der Nachspielzeit den mehr als verdienten Punkt für die Freiburger. Der Stürmer hatte bereits in der 81. Minute getroffen – der vermeintliche Treffer wurde aber aberkannt.

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4 Kommentare

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  • A
    Alex

    Ich kann mir nur AndreasP anschließen.

     

    Was soll so eine Berichterstattung ihrerseits erreichen?

  • A
    AndreasP

    Und alle machen munter mit, selbst die taz heute mit einem großen Artikel.

     

    Was ist mit dem Werther-Effekt? Und mit dem Persönlichkeitsrecht? Das ganze fand ja nicht im Fußballstadion vor aller Augen, sondern in einem Hotelzimmer statt.

     

    Das Verhalten nach diesem Vorfall ist eine Schande nicht nur für den DFB, sondern auch für die gesamte deutsche Presse.

  • U
    Urgestein

    Ich denke doch, dass ein aktiver Bundesliga-Schiedsrichter ohnehin so sehr im ständigen Fokus des öffentlichen und medialen Interesses steht, dass er an einen "optimalen Zeitpunkt" zwecks Erlangung von maximaler Aufmerksamkeit keine Gedanken verschwenden muss. Diese oberflächliche Art der Herangehensweise an einen versuchten Selbstmord und die Unterstellung reinen Kalküls ist an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich wenigstens zynisch, wenn nicht menschenverachtend. Und sie ist natürlich vor allem auch Eines: blanker Unfug.

     

    Natürlich wird augenblicklich wild über die möglichen Hintergründe dieser Tat spekuliert. Seine gelinde gesagt "durchwachsenen" Leistungen als Schiedsrichter in der höchsten deutschen Spielklasse und die Rückstufung vom DFB werden thematisiert. Über mögliche Verbindungen zur Wettmafia, Spielschulden, Erpressung und Steuerhinterziehung wird fantasiert. Und in der Tat, sollten "finanzielle Unregelmäßigkeiten" jeglicher Art aufgedeckt werden, könnte - je nach Grad der Verfehlungen - auch sein berufliches Standbein als Filialleiter einer Sparkasse betroffen sein. Zum "Aus" im Schiedsrichterwesen käme dann möglicherweise auch ein berufliches "Aus". Ob dieses hochspekulative Szenario aber für Babak Rafati jene "ausweglose Situation" darstellt oder sich lediglich auf dem Niveau verwirrter medialer Kaffeesatzleserei befindet, wird nur er selbst beantworten können.

     

    Aber die Frage bleibt, wieso sollte die Spekuliererei und alles was nun im Rahmen der mehr oder weniger öffentlich begleiteten und eher weniger als mehr "honorigen" Schnüffeleien in Rafatis Privatleben ans Tageslicht gezerrt wird, auch noch in seinem "Interesse" liegen?

     

    Jemand der sich bereits auf der Bühne der öffentlichen Zurschaustellung befindet, muss diese nicht mehr suchen. Seine geäußerte "Todessehnsucht" ist für mich daher zunächst mal glaubhaft, selbst wenn sein unbewusster Wunsch zu leben stärker war und ihm letztlich half den Suizid zu überleben.

  • W
    WowDeutschland

    Dieser Mensch hat, wie viele Selbstmörder, einen Weg gesucht durch seine Selbsttötung so viele Personen wie möglich auf sein Schicksaal aufmerksam zu machen. In seinem Fall wählt er einen Zeitpunkt bei dem er weiss das er vermisst und aufgefunden wird und das andere Personen sich auf Ihn verlassen. Er wusste dass der DFB keine Ersatzschiedsrichter zu Verfügung stellt und das Spiel somit abgesagt werden muss, er wusste das die Presse nachfragen wird warum und dass sein Schicksaal dann veröffentlicht wird. Das war Kalkül und hat funktioniert.

     

    Das völlige Versagen des DFB im handlen dieser Situation ist bemerkenswert. Jeder mit einem Fünkchen von Verstand hätte gesagt der Schiedsrichter konnte aus gesundheitlichen Gründen (das wäre nichtmal gelogen) das Spiel nicht leiten, da wir keine Ersatzschiedsrichter zu Verfügung stellen muss das Spiel leider abgesagt werden. Punkt. Was Sie hingegen gemacht haben ist das 20 Minuten der Sportschau, mit Liveschaltung und Liveinterview zum Thema. Das ist einfach nur widerwärtig und an Dummheit nicht zu überbieten. Damit ist weder den unbetroffenen noch den betroffenen Personen geholfen.

     

    Das ist weder zynisch noch respektlos in meinen Augen ist es ganz einfach ein Versagen von vielen Menschen auf ganzer Linie.