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■ 120.000 Mark für die verlorene Ehre des bayerischen InnenministersMein Gott, Beckstein !

Was ist die Ehre eines bayerischen Innenministers wert? Dem Amtsgericht in Kempten sei Dank wissen wir's nun: 120 Tagessätze. Das macht im Falle des Bad Reichenhaller Liedermachers Hans Söllner eben 120.000 Mark, und das reicht, um einen unbequemen Barden mundtot zu machen – ein für allemal.

Mein Gott, Beckstein, gibt es denn nichts Wichtigeres, als sich per Anzeige gegen die Betroffenheitslyrik eines Liedermachers zur Wehr zu setzen, der glaubt, einen Innenminister mit einem Haufen Scheiße vergleichen zu müssen? Bleibt denn, wenn man mal keine neuen Flüchtlingsströme, Doppelpaß-Terroristen oder abscheuliche Tricks der organisierten Kriminalität als Schreckensszenarien an die Wand malen kann, nichts anderes mehr, um sich als Verteidiger von Recht und Ordnung in Szene setzen zu können?

Dabe gäbe es doch gerade momentan im Dienstbereich des bayerischen Innenministers jede Menge zu tun. Ein Skandal jagt den anderen im Münchner Polizeipräsidium. Der Wirtschaftsminister verharmlost den Nationalsozialismus, indem er den Atomausstieg mit dem Dritten Reich vergleicht, und im Bayerischen Roten Kreuz wird bestochen und betrogen, daß es nur so kracht. Beckstein, übernehmen Sie!

Statt dessen aber der Kleinkrieg gegen einen zweitrangigen Liedermacher mit Auftrittsverboten, Drogenrazzien und Strafbefehlen. Klar, daß es mit der von der CSU so viel gerühmten Liberalitas Bavariae nicht so weit her ist, das wußte man ja schon lange. Für Demonstranten gibt es in Bayern ganz schnell den Knüppel, für ein Zehntel Gramm Haschisch schon mal ein paar Tage Knast. Als in den 80er Jahren Schüler mit der „Stoppt Strauß“-Plakette im Unterricht erschienen, hatte dies den Verweis von der Schule und Jahre später Berufsverbot zur Folge. Wenn Dieter Hildebrandt in seinem „Scheibenwischer“ die CSU zu stark aufs Korn nahm, klinkte Bayern sich eben aus dem ARD-Gemeinschaftsprogramm aus

Wer geglaubt hat, daß sich dies in Zeiten von Internet und Infotainment überholt hat, sieht sich gründlich getäuscht. Erlaubt ist nach wie vor, was der CSU und dem bayerischen Innenminister gefällt. Und der will über Geschmack gar nicht lange streiten. „Hey Staat, leck mich am Arsch“, wird sich Söllner angesichts des Strafbefehls in seinem selbstgewählten Exil in Jamaika denken. Vielleicht liegt der 43jährige jetzt am Strand und malt sich bei einem guten Joint ein anderes, viel schöneres Bayern aus. Bernd Siegler

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