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1:1 im SpitzenspielSommer lässt Münchner zweifeln

Beim 1:1 von Mönchengladbach beim FC Bayern überragt Borussen-Torwart Yann Sommer. In München erklären es sich einige mit dem Schiri.

Yann Sommer verteidigt mit allen Mitteln Foto: dpa/Hoppe

Wenn es sein muss, macht Yann Sommer ein paar Überstunden. Während draußen der Bus wartete, war der Torhüter von Borussia Mönchengladbach hinter der großen Glastür in der Münchner Arena noch ein letztes Mal gefordert. Er nahm es am Samstagabend nicht so genau mit dem Dienstschluss, sondern tat, was vom Mann des Spiels erwartet wurde. Dass er deshalb fast zu spät zur Abfahrt und zum Flughafen gekommen wäre, konnte Sommer verschmerzen am Ende eines für ihn sehr schönen ­Arbeitstages.

Denn im Bundesligaspiel zuvor gegen den FC Bayern war er nur ein einziges Mal zu spät dran gewesen. Bei Leroy Sanés Distanzschuss, der kurz vor Schluss zum 1:1-Endstand führte, kam er nicht rechtzeitig zum Ball. Die restlichen Versuche der Münchner wusste Sommer allesamt prächtig abzuwehren. Insgesamt waren es 20 Schüsse der Bayern, die Sommers Tor erreichten.

Bei so viel Arbeit, sagte der schweizer Nationalkeeper, komme man, wenn es gut laufe, „irgendwann in einen Flow“. Dass ihm das ausgerechnet gegen die Bayern so oft passiert, ist für Sommer kein Zufall, denn sie „fordern den Torhüter halt auch extrem“. Spiele gegen die, wie es Gladbachs Trainer Daniel Farke ausdrückte, „aktuell heißeste Mannschaft in Europa“ mit ihrer unglaublichen Offensivwucht sind zum einen also eine Chance für den Keeper, sich auszuzeichnen, zum anderen aber auch – und das kommt häufiger vor – Risiko, ein Debakel zu erleben. Sommers Kollegen aus Frankfurt und Bochum ist dies in dieser noch sehr jungen Saison passiert.

„Wie immer herausragend gegen uns“, nannte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann die Leistung Sommers, aber sein Team hätte auch „den einen oder anderen Abschluss so gestalten können, dass er den Ball nicht mehr halten kann“. Treffender drückte es Sportvorstand Hasan Salihamidžić aus: „Wir haben nicht gerade Zielwasser getrunken vorher.“

Vielleicht war das Getränk, das die Bayernprofis vor den bisherigen Saisonspielen zu sich nahmen, am Samstag vergriffen. Weil die gesammelten Angriffsbemühungen, und sogar die Einwechslung des kopfballstarken Abwehrspielers Matthijs de Ligt als Mittelstürmer, nicht zu einem zweiten Tor führten, sah man sich beim Tabellenführer zum ersten Mal in dieser Saison mit der Frage konfrontiert, ob es mit Robert Lewandowski nicht vielleicht besser gelaufen wäre. Die Bayern reagierten gelassen, rechneten sie doch mit so einer Reaktion beim ersten kleinen Rückschlag. Es habe Spiele gegen Gladbach gegeben, erinnerte Thomas Müller, in denen auch ein ­Lewandowski nicht getroffen habe.

Fehler der Münchner werden konsequent genutzt

Egal, wer als Trainer bei der Mannschaft vom Niederrhein am Spielfeldrand steht, es gelingt ihr immer wieder, die Fehler der Münchner konsequent auszunutzen oder sie zu Fehlern zu zwingen. Kein Team hat in den vergangenen zehn Jahren mehr Punkte gegen Bayern gewonnen als Gladbach. Am Samstag unterlief der ansonsten sicher agierenden Defensive des Rekordmeisters ein einziges Missgeschick, und das führte zum 1:0 durch Marcus Thuram. Anders als bei der Pokalpleite oder der Niederlage in der Rückrunde der vergangenen Saison, ließen sich die Münchner durch den Rückstand nicht beeindrucken.

Sie bedrängten weiter mit teils sehenswerten Angriffen den Strafraum der Gäste. „Zum Anschauen war’s cool“, sagte Müller. „Es hat sich auch gut angefühlt.“ Beim Verteidigen der Führung in der zweiten Hälfte schafften es die Gladbacher aber zum einen, in der hitzigen Atmosphäre kühlen Kopf zu bewahren, kühleren als die Münchner, die mit ein paar Schiedsrichterentscheidungen haderten und auch deshalb ein paar Gelbe Karten kassierten – auch Nagelsmann, der sich immer wieder beschwerte. Zum anderen musste der FC Bayern immer mehr auf die Flügel ausweichen, was Nachteile hatte: „Bei der Flankenart müssen wir noch variabler werden“, sagte Nagelsmann.

Es war ein glücklicher Punktgewinn für Gladbach, das bestritt niemand, aber ist eben auch ein Zeichen an die Ligakonkurrenz, dass den Münchnern nicht immer alles gelingt. Vor allem, wenn auch noch ein Torhüter zwischen den Pfosten steht, der höchstens bei der Abfahrt des Busses zu spät dran ist.

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