Nachgefragt: 1.000 Jobs gefährdet
■ DAG-Chef Klimm zur Situation bei den Stadtwerken im neuen Energiemarkt
Bei den Stadtwerken rumort es. Aus dem Management heißt es, die Stadtwerke müssen bis zu 100 Millionen Mark sparen. Obendrein überlegt der Senat, weitere Anteile des Unternehmens zu verkaufen. Die Angestellten bangen darum um ihre Jobs. Die taz sprach darüber mit dem Bremer Bezirks-Chef der Deutschen Angestelltengewerkschaft, Werner Klimm.
taz: Herr Klimm, 1.000 Stadtwerker wollen heute auf die Straße gehen. Warum?
Werner Klimm, DAG-Bezirks-Chef: Die Arbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze und können zudem überhaupt nicht einschätzen, wo die Stadtwerke sich hinbewegen. Will der Vorstand die Stadtwerke erhalten und mit Kooperationspartnern arbeiten oder will der Vorstand die Braut Stadtwerke schmücken, um sie irgendwo unterzubringen. Dazu gibt uns der Vorstand aber keine Informationen. Selbst nicht auf die Frage, was mit dem Bereich Stromerzeugung passieren soll. Es heißt immer nur, daß man ihn verringern will. Darum wächst die Unruhe unter den Mitarbeitern.
Wäre es nicht unsinnig, das Hauptgeschäftsfeld Stromerzeugung fallen zu lassen?
Richtig, es ist ein großer Vorteil, daß die Stadtwerke den Strom, den sie brauchen, selbst erzeugen. Zumal sich die Konkurrenz durch den liberalisierten Strommarkt verschärfen wird.
Was wäre denn Ihrer Meinung nach eine vernünftige Zielsetzung für die Stadtwerke?
Wir hätten nichts gegen Kooperationspartner. EWE und ÜNH haben sich auch zusammengeschlossen, um sich auf dem neuen Strommarkt besser positionieren zu können. Ob die Stadtwerke das alleine schaffen, ist fraglich. Darum wollen wir jetzt endlich wissen, welche Schritte der Vorstand plant. Wenn das nicht geschieht, haben wir die große Befürchtung, daß die Interessen der Beschäftigten ganz hinten angestellt werden.
Wozu sind die Gewerkschaften denn bereit?
Es gibt das Projekt Preisabstand Null. Der Strompreis muß soweit gesenkt werden, bis man konkurrenzfähig ist. Daran mitzuarbeiten sind wir bereit, um die Stadtwerke zu stärken – auch tarifvertraglich.
100 Millionen Mark müssen gespart werden, sagt der Vorstand. Mit wieviel Entlassungen ist dadurch zu rechnen?
Es heißt, daß von den etwa 2.400 Arbeitsplätzen 600 bis 800 abgebaut werden müssen. Aber konkret untermauert ist das nicht. Das ist das Problem mit der mangelnden Informationspolitik des Vorstandes.
Wie hoch wäre der Abbau, wenn auch noch die Stromerzeugung geschlossen würde?
Dann kämen nochmals 700 oder 800 hinzu. Das wären dann im schlimmsten Fall weit über 1.000 Arbeitsplätze.
Bremen hält mit 50,1 Prozent die Mehrheit an den Stadtwerke-Anteilen. Muß die Politik jetzt gegensteuern, um Arbeitsplätze zu retten?
Auf jeden Fall. Die Politik hat die Verpflichtung, jetzt schon sozialpolitisch einzuwirken, damit die Sache transparent und human gehändelt wird.
Das heißt, es dürfen auch keine weiteren Stadtwerke-Anteile verkauft werden?
Wir müssen als Arbeitnehmer froh sein, daß das Land die Mehrheits-Anteile besitzt, weil ich glaube, daß es nicht so einfach sein wird, an der Politik vorbei so viele Arbeitsplätze abzubauen. Weitere Anteile zu verkaufen, ergibt keinerlei Sinn. Fragen: Jens Tittmann
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