■ Vorlauf: 100 Folgen sind genug
„RTL Samstag Nacht“, heute, 22 Uhr, RTL
Wer sich auf dem Fernbedienungsbalken vertippt hat, versehentlich in die Sendung „RTL Samstag Nacht“ geraten und noch einigermaßen bei Groschen ist, schaltet entsetzt um, sogar zur „Wernesgrüner Musikantenschänke“ oder zu den grauen Wölfen des Imbißbudensenders TRT – überallhin, nur fort von Wigald Boning, Olli Dittrich, Esther Schweins, Tanja Schumann, Stefan Jürgens und Mirco Nontschew, den omnipräsenten Quälgeistern, die auch als Schlagersänger, Litfaßsäulen, Filmschauspieler, Kolumnisten und Grimme-Preisträger unübersehbar, unüberhörbar und unerbittlich Karriere gemacht haben.
Zum 100. Mal gibt es heute auf RTL „Samstag Nacht“ zu sehen, jene „pfiffige Comedy-Show“ (Gong), die mehrere Millionen Zuschauer, aber keine kompetenten Kritiker mehr hat: Sieht man nicht mehr hin, kann man auch nicht mehr mitreden. Oder doch? Es ist kein Zufall, daß sich niemand fand, die Jubiläumssendung für die taz zu kritisieren.
Alle potentiellen Kritiker schon längst vergrault haben die beim Zappen zufällig und unfreiwillig aufgeschnappten Witze, die zur Schau gestellte Selbstgefälligkeit der saturierten Hampelmänner, die Armut ihrer künstlerischen Mittel, ihr Desinteresse an komischen Überraschungen, die Lustlosigkeit, mit der das bewährte Routinerepertoire abgespult wird, die Ödnis und Schalheit der Verkleidungen, der Grimassen und der Einfälle (unvergessen: Esther Schweins als „Kristiane Kacker“) – und schließlich das besinnungslose Getrampel und Gejauchze des Publikums auf der Humormüllkippe „Samstag Nacht“.
Wigald Boning und Olli Dittrich sind verschiedentlich, zusammen mit dem in einer ganz anderen Liga spielenden Helge Schneider, für „Gehirnverschmutzung“ (Ulrich Greiner) verantwortlich gemacht worden und sogar für irgendwelche üblen Verwerfungen unserer „Spaßgesellschaft“ (Sigrid Löffler) – wenn es nur so wäre! Tatsächlich sind die beiden Doofen und ihre Kollegen so langweilig, einfallslos und verknöchert, daß neben ihnen selbst Heinz Schenk eine gute Figur macht. Gerhard Henschel
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