+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Loyalitätserklärung bei der Einreise
Die russische Regierung bereitet ein Gesetz vor, das Ausländer zur Loyalität verpflichten soll. Die Ukraine fordert die Nato zu weiteren Waffenhilfen auf.
Gesetzentwurf zu Loyalitätserklärungen in Russland
Ausländer sollen künftig bei ihrer Einreise in Russland einem Medienbericht zufolge eine Loyalitätserklärung abgeben, die im Kern einer Verpflichtung zur Selbstzensur in der Öffentlichkeit gleichkommt. Das Innenministerium bereite einen Gesetzentwurf vor, nach dem Kritik an der Regierungspolitik, an der Militärgeschichte der ehemaligen Sowjetunion und Infragestellung traditioneller Familienwerte verboten sind, meldet die Nachrichtenagentur Tass. Einem Ausländer solle es verboten sein, „die Tätigkeit der staatlichen Behörden der Russischen Föderation zu stören und die Außen- und Innenpolitik der Russischen Föderation, der staatlichen Behörden und ihrer Mitarbeiter in irgendeiner Form zu diskreditieren“. (rtr)
Baerbock setzt sich für mehr Ukraine-Unterstützung ein
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat an die internationale Staatengemeinschaft appelliert, der Ukraine mit Blick auf den nahenden Winter fest unter die Arme zu greifen. Russland bombardiere wie auch vor einem Jahr gezielt die Infrastruktur in der Ukraine, um die Versorgung der Menschen mit Strom und warmem Wasser abzuschneiden, sagte Baerbock vor Beratungen der Nato-Außenministerinnen und Außenminister am Mittwoch in Brüssel. Deshalb müsse ein Winterschutzschirm gespannt werden, für den Deutschland bereits Generatoren und Patriot-Flugabwehrsysteme zur Verfügung gestellt habe.
„Und ich rufe erneut weltweit dazu auf, alles dafür zu tun, gemeinsam für die Ukraine diesen Winterschutzschirm zu spannen“, sagte die Grünen-Politikerin. In Brüssel kam der neu geschaffene Nato-Ukraine-Rat erstmals auf Ebene der Außenminister zusammen. „Der Nato-Ukraine-Rat wird der Arbeitsmotor, mit dem die Ukraine immer näher an die Nato rückt“, erklärte Baerbock weiter. „Nato-Standards, Fähigkeitsplanung und Streitkräftereform sind zentral auf diesem Weg.“ Deutschland stelle dafür 11,5 Millionen Euro zusätzlich für einen Nato-Ukraine-Trustfund bereit. (rtr)
Ukraine fordert weitere Waffenhilfe
Vor dem Hintergrund ausbleibender militärischer Fortschritte hat die Ukraine die Nato zu weiterer militärischer Unterstützung gegen Russland aufgerufen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba appellierte am Mittwoch im Brüsseler Nato-Hauptquartier an die Verbündeten, ihre Rüstungsproduktion hochzufahren, um der Ukraine Munition und andere Waffen liefern zu können. Sein Land werde gegen Russland nicht klein beigeben, betonte Kuleba.
„Wir müssen weiterkämpfen, die Ukraine wird nicht klein beigeben“, sagte Kuleba. „Es geht hier nicht nur um die Sicherheit der Ukraine, sondern um die Sicherheit des gesamten euroatlantischen Raums.“ Hintergrund sind Befürchtungen, insbesondere die USA könnten ihre Hilfe für Kyjiw eindampfen.
Kuleba bestritt Angaben der ukrainischen Armeespitze zu einem „Stillstand“ an der Ostfront. Ziel sei weiter die „territoriale Integrität in den international anerkannten Grenzen von 1991“, also eine Rückeroberung der von Russland annektierten Krim-Halbinsel und der besetzten Gebiete im Osten. (afp)
Selenski besiegelt Rüstungsausgaben
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat den Staatshaushalt 2024 des in die EU und in die Nato strebenden Landes mit Milliardenausgaben für die Rüstung unterzeichnet. Der Wehretat von umgerechnet mehr als 40 Milliarden Euro macht demnach rund die Hälfte der Gesamthaushaltsausgaben aus. „Es ist offensichtlich, dass der Schutz gegen die russische Aggression Priorität hat“, sagte Selenski in seiner am Dienstagabend in Kyjiw verbreiteten Videobotschaft. Zugleich betonte er, dass die Führung auch die „sozialen Bedürfnisse unserer Menschen berücksichtigen und die gesellschaftlichen Verpflichtungen des Landes erfüllen wird“.
Trotz des Krieges sei es wichtig, dass die Bürger vom Staat unterstützt würden, sagte Selenski. Vorrang haben dem Haushalt zufolge aber eindeutig die Verteidigungsausgaben. So sind etwa für den Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg 43 Milliarden Hrywna (1,08 Milliarden Euro) für die Produktion von Drohnen und die gleiche Summe für die Herstellung von Munition und Waffen vorgesehen, wie aus dem auf der Parlamentsseite veröffentlichen Etat hervorgeht.
Die Ausgaben dafür sollen durch Eigeneinnahmen aus Steuern, Zollgebühren und Dividenden von Staatskonzernen sowie aus Privatisierungen kommen, wie Medien in Kyjiw berichteten. Rund die Hälfte der geschätzten Gesamtetatausgaben von etwa 84,08 Milliarden Euro soll aber wie schon in diesem Jahr durch die Aufnahme von Schulden finanziert werden. Das durch den Krieg wirtschaftlich geschwächte Land rechnet mit Einnahmen von umgerechnet rund 44,37 Milliarden Euro im kommenden Jahr, die fast komplett für die Verteidigung ausgegeben werden sollen. (dpa)
Angriffe auf Awdijiwka
Russland hat ukrainischen Angaben zufolge seine Angriffe auf die ostukrainische Stadt Awdijiwka intensiviert. „Der Feind hat in den vergangenen Tagen seine Aktivitäten deutlich verstärkt. Er setzt gepanzerte Fahrzeuge ein“, sagte der für das Gebiet zuständige ukrainische Kommandeur Oleksandr Tarnawsky am Mittwoch.
Seinen Angaben zufolge führten die russischen Streitkräfte fast 20 Luftangriffe aus und feuerten vier Raketen sowie mehr als tausend Artilleriegeschosse ab. Die ukrainischen Streitkräfte hielten die Stellung, sagte er, was zunächst jedoch nicht unabhängig überprüft werden konnte.
Die russische Armee hat ihre Aktivitäten zuletzt auf den Industriestandort Awdijiwka in der Region Donezk konzentriert, der inzwischen von russischen Kräften umzingelt zu sein scheint. Beide Seiten konnten in den vergangenen Wochen keine bedeutenden Erfolge auf dem Schlachtfeld bekannt geben. (afp)
Energieversorgung im Visier
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben in der Nacht zum Mittwoch massive russische Luftangriffe im ganzen Land abgewehrt. Insgesamt seien 21 Drohnen iranischer Bauart vom Typ Schahed und drei Lenkraketen von Russland gestartet worden, teilte die ukrainische Luftwaffe in Onlinenetzwerken mit.
Alle Kampfdrohnen und zwei Raketen seien abgeschossen worden. Die dritte Rakete habe ihr Ziel nicht erreicht. Zur Abwehr der Angriffe in den südlichen und zentralen Regionen setzte die ukrainische Luftwaffe eigenen Angaben zufolge Kampfjets sowie Einheiten zur Flugabwehr und mobilen Luftverteidigung ein.
Der Regionalgouverneur der westlichen Region Chmelnyzkyj teilte später in Onlinenetzwerken mit, es sei ein landwirtschaftlicher Betrieb beschädigt worden. Weitere Einzelheiten nannte er zunächst nicht.
Nach Angaben aus Kyjiw haben die russischen Streitkräfte Drohnen und Raketen für systematische Angriffe auf die geschwächte ukrainische Energieversorgung während der Wintermonate gehortet.
Kyjiw rechnet für den Winter mit einer ähnlichen russischen Offensive gegen die ukrainische Energie-Infrastruktur wie im vergangenen Winter. Hunderttausende Menschen waren damals nach massiven Luftangriffen bei eisigen Temperaturen ohne Strom oder Heizung. (afp)
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