piwik no script img

+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++„Scheinwahl“ in besetzten Gebieten

Russland hält diese Woche Regionalwahlen ab – auch in vier ukrainischen Regionen, die es teilweise kontrolliert. Neue Drohnenangriffe auf russischem Territorium.

Stimmabgabe am 6. September in einer Straße während der Kommunalwahlen in Donezk, in der russisch kontrollierten Region Donezk in der Ostukraine Foto: AP Photo

Verdacht des Menschenhandels für Ukraine-Krieg in Kuba

In Kuba sind 17 Personen unter dem Verdacht des Menschenhandels festgenommen worden. Sie sollen junge Kubaner dazu gebracht haben, sich inmitten des Ukraine-Konflikts in den Dienst der russischen Armee zu stellen, sagt Cesar Rodriguez, Oberst im kubanischen Innenministerium. Der Staatsanwaltschaft zufolge drohen den Verdächtigen je nach Schwere und Art der Tat bis zu 30 Jahre Gefängnis, lebenslange Haft oder die Todesstrafe. Die Vorwürfe umfassen Menschenhandel, den Kampf als Söldner und Kriegshandlungen gegen einen anderen Staat. Die Behörden in Kuba hatten nach eigenen Angaben unlängst den Schleuserring identifiziert, der sowohl in Kuba als auch in Russland operieren soll und nun zerschlagen wird. (rtr)

Russland wirft USA Einmischung vor

Der russischen Botschaft in den USA zufolge mischt Washington sich in die inneren Angelegenheiten Russlands ein, indem es Wahlen in den besetzten Gebieten der Ukraine als nicht legitim betrachtet. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Ria. Russland hält diese Woche Regionalwahlen ab, auch in den vier ukrainischen Regionen, die es teilweise kontrolliert. US-Außenminister Antony Blinken hatte die Wahlen in den besetzten Gebieten am Donnerstag als „Scheinwahlen“ bezeichnet. (rtr)

Russische Gasimporte: EU-Diplomat unter Druck

Die heftige Kritik eines hochrangigen EU-Diplomaten an Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas hat Irritationen in Wien und Brüssel ausgelöst. Martin Selmayr, der Vertreter der Europäischen Kommission in Wien, hatte die österreichischen Gas-Zahlungen an das kriegsführende Russland als „Blutgeld“ bezeichnet. Der deutsche EU-Diplomat werde zu einem Gespräch in das Außenministerium in Wien zitiert, gab eine Sprecherin des Ministeriums am Donnerstag bekannt. Danach distanzierte sich die Kommission von Selmayrs Aussagen. Diese seien „bedauerlich und unangemessen“, sagte eine Sprecherin der Institution am Abend. Die EU-Kommission habe Selmayr aufgefordert, „unverzüglich über diesen Vorfall Bericht zu erstatten“, sagte sie.

Selmayr hatte am Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung in Wien kritisiert, dass Österreich auf diese Weise Russlands Krieg finanziere, und dass es dagegen keine Proteste gebe. „Das verwundert mich, denn Blutgeld wird jeden Tag mit der Gasrechnung nach Russland geschickt“, sagte Selmayr. Als reiches Land könne Österreich wie andere Staaten ohne russisches Gas auskommen, meinte er. (dpa)

Ukraine meldet Erfolge bei Gegenoffensive in Bachmut

Der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte meldet einen „Teilerfolg“ in der Nähe der östlichen Stadt Bachmut sowie Fortschritte beim Vormarsch der ukrainischen Truppen nach Süden zum Asowschen Meer. Wie der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in seiner nächtlichen Videoansprache zudem bekanntgab, hat er Militäreinheiten im Osten und Süden des Landes für ihre Aktionen gegen die russischen Truppen gedankt und sie ausgezeichnet. Die Ukraine begann ihre Gegenoffensive im Juni und konzentrierte sich auf die Rückeroberung von Bachmut, das im Mai von russischen Truppen eingenommen worden war.

Österreich bezog zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine 79 Prozent seiner Gasimporte aus Russland. Der Anteil sank bis zum Oktober des Vorjahres auf 17 Prozent. In den vergangenen Monaten lagen die Werte jedoch wieder deutlich höher. Im Juli waren es laut dem Klimaschutzministerium 66 Prozent.

Österreichs Europaministerin Karoline Edtstadler von der konservativen ÖVP bezeichnete die Kritik am Donnerstag als „völlig einseitig“ und verwies auf Österreichs laufende Bemühungen. Die Regierung plant, bis 2027 ohne russisches Gas auszukommen. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zeigte hingegen Verständnis für Selmayrs „Blutgeld“-Aussage. Er habe das selbst auch schon so bezeichnet, sagte er dem TV-Sender Puls24. (rtr)

Baerbock zeigt Verständnis für Angriffe auf Russland

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Verständnis für Angriffe der ukrainischen Armee auf russisches Territorium gezeigt. „Dieser brutale russische Angriffskrieg wird nicht nur mit Panzern und Soldaten in der Ukraine geführt, sondern auch mit erbarmungslosen Attacken aus Russland heraus“, sagte Baerbock den Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung Ouest France (Freitagsausgaben). Die Ukraine habe „ein Recht auf Selbstverteidigung, ein Recht darauf, die Angriffe bestmöglich abzuwehren“.

Diese Abwehr geschehe vor allem mit Luftverteidigung, „aber das schützt die Menschen in Städten wie Charkiw eben nur bedingt, beziehungsweise gar nicht, weil sie zu nahe an Russland liegen“, sagte Baerbock. Eine Reaktionszeit von wenigen Sekunden sei auch für die besten Luftverteidigungssysteme eine sehr schwierige Aufgabe.

Auf die Frage, ob sie auch billige, dass die Gegenschläge inzwischen russisches Herzland erreichten, sagte Baerbock: „Nicht die Ukraine greift Russland an, sondern Russland ist mit Panzern, Soldaten, Raketen in die Ukraine einmarschiert.“ Wenn die Ukraine sich dagegen verteidige, „um ihre Menschen zu schützen, tut sie das im Einklang mit dem Völkerrecht. Konkret dem Recht auf Selbstverteidigung, verbrieft in der UN-Charta“. Das sei die Grundlage der militärischen Unterstützung für die Ukraine.

Baerbock stellte sich hinter den Wunsch Kiews nach deutschen Taurus-Marschflugkörpern. Sie verwies darauf, dass die russische Armee riesige Minenfelder angelegt habe zwischen den besetzten Gebieten und dem Rest der Ukraine. „Um die Menschen im Osten der Ukraine zu befreien, um russische Nachschublinien hinter der Verteidigungslinie zu treffen, muss der Minengürtel überwunden werden“, sagte sie. „Insofern ist die ukrainische Bitte nach Gerät mit größerer Reichweite mehr als verständlich.“

Wie bei den Leopard-Panzern und beim Luftabwehrsystem Iris-T müsse vorher jedes Detail geklärt sein, fügte Baerbock hinzu. „Auch da war entscheidend: Wie können wir die Ukraine in der aktuellen Lage bestmöglich unterstützen.“ Auf die Frage, ob die Marschflugkörper so programmiert werden sollten, dass sie russisches Gebiet nicht erreichten, entgegnete die Ministerin: „Andere Partner haben sich ähnliche Fragen auch gestellt und dafür Lösungen gefunden.“

Baerbock machte deutlich, dass sich Deutschland nicht von Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin von der Unterstützung der Ukraine abbringen lasse. „Putin spielt mit der Angst. Er verbreitet Terror – mit Angriffen auf Geburtskliniken, Bahnhöfe, Schulen. Er hat gehofft, mit Drohungen und unverantwortlicher Rhetorik die internationale Hilfe zu unterbinden“, sagte sie. „Aber wir lassen uns davon nicht einschüchtern. Wir werden der Ukraine weiter beistehen.“ (afp)

Zahl der Geflüchteten in Deutschland auf neuem Höchststand

In Deutschland leben so viele aus anderen Ländern geflüchtete Menschen wie seit Jahrzehnten nicht. Insgesamt 3,26 Millionen Menschen waren Ende Juni im Ausländerzentralregister als Flüchtlinge registriert. Das sind 111.000 mehr Menschen als noch ein halbes Jahr zuvor. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger hervor, die der “Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) vorliegt.

Dabei handelt es sich um Flüchtlinge, Kriegsflüchtlinge, Asylsuchende oder Geduldete. Viele von ihnen leben schon seit Jahren oder Jahrzehnten in Deutschland. Nach Angaben der Linken ist das die höchste Zahl seit den 1950er-Jahren.

Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine stieg dabei nur noch leicht um etwa 29 000 Menschen auf über eine Million Menschen. Es kamen zwar zahlenmäßig mehr, allerdings kehrten auch viele wieder zurück. Hinzu kamen Asylsuchende und wenige Aufnahmen aus humanitären Gründen, etwa aus Afghanistan (knapp 4000). (ots)

Russische Grenzregion meldet Drohnenangriff

In der russischen Grenzregion Brjansk ist Angaben des Gouverneurs zufolge eine Industrieanlage von Drohnen attackiert worden und ein Brand ausgebrochen. Feuer gefangen habe in der gleichnamigen Gebietshauptstadt Brjansk am Donnerstagabend ein Verwaltungsgebäude, schrieb Alexander Bogomas auf Telegram. Er machte die Ukraine für den Drohnenangriff verantwortlich, bei dem niemand verletzt worden sei. Um was für eine Industrieanlage es sich genau handeln soll, war zunächst nicht bekannt.

Wenig später teilte das russische Verteidigungsministerium mit, die Luftverteidigung habe in Brjansk zwei Drohnen abgewehrt. Unabhängig überprüfen ließ sich das nicht.

Russland führt seit mehr als anderthalb Jahren einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Immer wieder kommt es infolge dessen auch zu Beschuss auf russischen Staatsgebiet, oft in der Grenzregion. Opferzahlen und Schäden stehen dabei allerdings in keinem Verhältnis zu den Kriegsfolgen in der Ukraine. (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Ich finde Selmayr Aussagen höchst problematisch und populistisch. Es gibt einige EU Länder wie Österreich oder Italien, um nur zwei zu nennen, die sich entschieden haben auch in Zukunft russisches Gas zu beziehen. Ich finde, dass das ihr gutes Recht ist. Nebenbei gesehen sind ja Alternativen wie z.B. aus Aserbaidschan unter moralischen Gesichtspunkten auch nicht besser. Ausserdem ist der Preis für russisches Gas günstig und die Ukraine verdient auch viel mit durch die Transitabgaben. Alle profitieren und man kann davon ausgehen, dass auch in Zukunft niemand ein Interesse (anders als bei Nordstream) an der Zerstörung der Transitpipeline in der Ukraine haben wird.